​Eine neue Form

von Basler Psi Verein

23. Januar 2015

von Psychotherapie und spirituellem Wachstum von Dr. Jakob Boesch

Das Phänomen der Nahrungslosigkeit hat mich seit Jahrzehnten fasziniert. Schon als Gymnasiast habe ich Berichte von Yogi's und Heiligen mit größter Leidenschaft gelesen. In meinem Inneren war ich schon immer fest davon überzeugt, daß diese Berichte stimmen und daß wir in unserem Welterkennen und in unserem Stand des wissenschaftlichen Bewußtseins einen Riesenschritt vorwärts machen, wenn wir diese Phänomene anerkennen. Unser National-Heiliger, Niklaus von Flüh, meist Bruder Klaus genannt, hat nach seiner erfolgreichen weltlichen Karriere im Alter von 50 Jahren Familie und Hof verlassen und nach einer tiefgreifenden, mystischen Erfahrung die folgenden 20 Jahre bis zu seinem Tod ohne essen und trinken gelebt. Seine Geschichte, diejenige der Therese von Konnersreuth und viele andere Berichte von Heiligen haben mich aufgewühlt als Botschaften für ein erweitertes naturwissenschaftliches und religiöses Weltbild, das aus der bedrückenden Gefangenschaft des zeitgenössischen Materialismus hinausführen könnte.

Im November 1997, an einem Samstag, entdeckte ich das Buch » Lichtnahrung« von Jasmuheen in der Buchhandlung, las es noch am gleichen Wochenende durch und war – durch eine Reihe von Fügungen – am folgenden Wochenende bereits Teilnehmer am Workshop von Jasmuheen. Schon bei der Lektüre des Buches war mir klar, daß ich den Prozeß machen würde. Was ich brauchte, war ein unmittelbarer Kontakt mit Jasmuheen, um zu hören und zu spüren, ob sie vertrauenswürdig war mit ihrer Botschaft, sowie die Aussagen von einigen » Normal-Sterblichen«, die den Prozeß durchgemacht hatten und mir die Sicherheit geben konnten, daß ich mich nicht auf ein unverantwortbares medizinisches Experiment einließ. Meine Gewißheit, daß Nahrungslosigkeit grundsätzlich möglich sei, hieß noch nicht, dass ein solcher Prozess für Durchschnittsmenschen mit Durchschnittslebensweise risikolos und empfehlenswert war.

Der Workshop mit Jasmuheen war sehr bereichernd und machte mich euphorisch. Diese Euphorie blieb in gewißer Form bestehen und ließ langsam – wie ich rückblickend feststellen muß – zu hohe Erwartungen in mir aufkommen. Einerseits blieb ich bezüglich medizinischer Risiken recht nüchtern und interviewte das halbe Dutzend Prozeßerfahrene am Workshop sehr gründlich; andererseits keimte in mir die Hoffnung, mit eigener Nahrungslosigkeit nicht nur in meinem Denken und Fühlen viel klarer zu werden, sondern in meiner akademisch geprägten Arbeitslandschaft ein Signal setzen zu können, daß das Weltbild der Newton'schen Physik, mit der wir immer noch den Menschen zu verstehen versuchen, nicht genügt. Schnell klärte sich die Frage, wie und wo ich den Prozeß durchmachen sollte. Ich hatte anderthalb Jahre früher Graziella kennengelernt, eine Heilerin, deren heilende Fähigkeiten bei mir – aber auch in den therapeutischen Teams des von mir geführten psychiatrischen Dienstes – immer mehr Respekt und Anerkennung fanden. Es war bald gegenseitig klar, daß sie mich durch den Prozeß begleiten würde. Sie mietete in der Nähe ihres Hauses eine 1 Zimmer-Wohnung für mich und konnte mich so ohne unverhältnismäßigen Aufwand täglich besuchen.

Graziella hatte Anfang Januar 1998 an einer unserer Beratungsstellen gearbeitet. Sie erhielt von ihrer geistigen Führung Anweisung, wann genau ich mit dem Prozeß beginnen sollte. Wir reisten zusammen an ihren Wohnort und am Samstag, den 24. Januar 1998 bezog ich die Wohnung, weit weg von meinen vier Kindern, mit denen ich zusammenlebe, weg von meinem Arbeitsplatz und meinem Bekanntenkreis. Nur meine Kinder, meine Sekretärin und die zwei Personen, die mir am vertrautesten sind, waren eingeweiht. Mein bester Freund, auch Mediziner, hatte mich mit einer gewissen Skepsis angehört und mich vor gesundheitlichen Folgen gewarnt, ähnlich wie meine Kinder. Alle hatten ein bißchen Angst um mich, auch Graziella, nur ich selber nicht. Der Workshop mit Jasmuheen und die Interviews mit den Prozeßerfahrenen hatten mir die Gewißheit gegeben, daß ich mich nicht unverantwortlich verhielt. Zwar war die Vorbereitung schlecht, bis zum letzten Tag hatte ich ziemlich viel Streß und Hetze. Eine oder zwei Einladungen in der Woche vor dem samstäglichen Prozeß-Beginn führten dazu, daß ich relativ schwere, fleischhaltige Mahlzeiten zu mir nahm. Trotzdem gestaltete sich das Umsteigen auf Nahrungs- und Flüssigkeitslosigkeit erstaunlich leicht.

Die ersten Tage war ich durch gelesene Erfahrungsberichte voreingenommen und erwartete eine zunehmende Schwäche. Dann realisierte ich, daß diese Schwäche sich bei mir nicht einstellte, sondern direkt in ein zunehmendes Gefühl von Leichtigkeit und Wachheit während des Tages und verkürztem Schlafbedürfnis während der Nacht einmündete. Der Prozeß wurde zum wohl intensivsten Erlebnis meines Erwachsenen-Daseins. Der zunehmend ausgetrocknete Mund machte mir etwas zu schaffen, ließ sich aber durch spülen mit Waßer und ein paar Tropfen ätherischen Öls sowie kauen von Zitrone, Eis und Mistelbeeren recht gut pflegen. Täglich machte ich ein- bis zweistündige Wanderungen; es war meist sonniges aber sehr kaltes Winterwetter und ich mußte die schwindende Körper-Fettschicht mit einer zusätzlichen Kleiderschicht kompensieren, um genügend warm zu haben. Bei mehreren Besuchen in der nahegelegenen Stadt und in diversen Lebensmittel-Geschäften, bei Eß-Buden usw. wunderte ich mich über den völlig fehlenden Drang, Nahrung zu mir nehmen zu wollen.

Ich hatte anfänglich sogar den Gedanken, auf Flüssigkeit auch nach den ersten sieben Tagen verzichten zu können. Die geistige Führung von Graziella war aber sehr präsent, gab immer wieder Anweisungen und holte mich gegen Ende der ersten Woche klar und unmißverständlich auf den Boden der Realität zurück, daß ich nach Ablauf der ersten sieben Tage zu trinken hätte. Nachdem ich dieses Faktum akzeptiert hatte, genoß ich das Trinken in den folgenden 14 Tagen sehr. Ich verließ mich ganz auf mein Durstgefühl bezüglich Trinkmenge; es waren oft vier bis sechs Liter pro Tag. Ich trank hauptsächlich Wasser, versetzt mit wenig selbstgepresstem Orangensaft, oder Misteltee, zubereitet mit hälftig Weisswein und hälftig Wasser. Zu den Mistelbeeren und dem Misteltee war ich per Zufall – oder per Intuition – geführt worden.

Die zweite und dritte Woche nahmen einen sehr unerwarteten Verlauf. Viele alte Gefühle und Traumen, die ich mehr als 25 Jahre früher in meiner eigenen Therapie verarbeitet hatte und erledigt glaubte, kamen nochmals hoch. Dies meist in Form von körperlichen Schmerzen, durchziehenden Gefühlen, Verkrampfungen – hauptsächlich in der Bauchregion – und ähnlichem. Die täglichen Heilbehandlungen durch Graziella brachten mir immer wieder Beschwerdefreiheit und Wohlbefinden. Oft war ich der Meinung, aller alter Ballast dieser Gefühle sei von mir weggenommen, bis am nächsten Tag eine neue Welle hochkam. Ich erhielt nochmals eine ganz neue Einstellung zur Psychosomatik, indem ich an mir selber erlebte, wie Dinge, die bereits verarbeitet scheinen und aus dem Bewußtsein mehr oder weniger weg sind, im »Zellgedächnis« noch vorhanden sein können, wo sie verbalen Aufdeckungs- und Therapiemethoden nicht zugänglich sind, jedoch den von uns noch wenig verstandenen Kräften einer guten Heilerin.

Trotz der großen Flüssigkeitsmenge erschien der Urin nach diesen Behandlungen oft tiefgelb, also vermutlich hochkonzentriert; es scheint, daß irgendwelche Schlacken und Abbauprodukte ausgeschwemmt wurden. Neben der vielen körperlichen Bewegung in der frischen Luft sowie dem » Haushalten«, waren die Tage ausgefüllt mit Musik hören, lesen, meditieren, beten und dem konzipieren neuer Projekte für meine Arbeit. Einen besonderen Stellenwert erhielt das Tanzen. Durch die Heilbehandlungen hatte ich oft das Gefühl, ich müßte etwas abreagieren und dies konnte ich, wie ich herausfand, am besten mit ausgiebigem Tanzen. So tanzte ich meistens morgens zwischen 04.00 und 06.00 Uhr ein bis zwei Stunden intensiv und voller Freude. Die Musik, die Bewegung und das zunehmende Gefühl körperlicher Leichtigkeit brachten mich dabei oft in einen beinahe ekstatischen Zustand von überwältigendem Glücksgefühl. Damit ergab sich ein ständiges Auf und Ab, die zum Teil qualvollen, wellenförmig auftretenden seelischen und körperlichen Schmerzen alten Ursprungs und das dazwischen immer wieder aufkommende Gefühl von Leichtigkeit, Glück, Dankbarkeit und Demut.

Graziella machte nicht nur die Behandlungen mit den Händen; sie hatte auch regelmäßig Bilder und Visionen oder Gespräche mit ihrer geistigen Führung, die vieles über meinen Seelen-Zustand und meine Vergangenheit zusätzlich klar machten. Graziella selber erlebte ihren eigenen Prozeß, nicht indem sie auf Nahrung oder Flüssigkeit verzichtete, sondern indem sich ihre seherischen Fähigkeiten und ihre Kontaktmöglichkeiten mit der geistigen Führung verdichteten und intensivierten. Außerdem brachte sie die bei ihr immer vorhandenen Elemente des Humors und der Bodenständigkeit mit ein. Ich habe kaum je soviel gelacht wie während dieser drei Wochen.

Ich hatte einerseits die Hoffnung, mindestens längere Zeit ohne Nahrung leben zu können; andererseits ließ ich alles offen bezüglich weiterer Entwicklung nach dem Prozeß. Am Samstag meiner Rückkehr und am darauffolgenden Sonntag kochte ich wie gewohnt für meine Kinder, aber ohne selber mitzuessen. Es war problemlos. Am Montag stießen meine komplementärmedizinischen Interessen, und insbesondere meine Beschäftigung mit Geistheilung, bei meinen Chefarzt-Kollegen einmal mehr auf heftigen Widerstand.

Es war eine sehr emotionale Konferenz; ich spürte meine erhöhte Sensibilität und Empfindlichkeit. Meine eigenen Emotionen nahm ich wenig wahr, ich glaubte, ruhig und ausgeglichen zu sein. Die Emotionen der Kollegen aber trafen mich wie die Druckwelle einer sich in der Nähe ereignenden Explosion. Am Ende der Konferenz verspürte ich eine Schwäche oder Lähmung im linken Bein, die ich nicht völlig kompensieren und verbergen konnte. Ich hatte zwischendurch sogar das Gefühl, links einzuknicken. Dieses Phänomen verschwand erst im Laufe der folgenden Woche vollständig. Graziella Schmidt vermutete eine sogenannte leichte Streifung, d. h. eine vorübergehende Mangeldurchblutung des Gehirns. Zunächst war ich geneigt, ihr zu glauben. Heute bin ich überzeugt, dass es sich um eine mechanische Quetschung eines Nervs aufgrund des fehlenden Fettpolsters handelte. Es wurde allmählich klar, daß ich meine eigenen Emotionen, vor allem Wut, unterdrückte, im Bestreben, die Konflikte in einen friedlichen Kompromiß münden zu lassen. Ich mußte realisieren, daß ich es mir weniger denn je leisten konnte, Gefühle zu unterdrücken. Es schien und scheint, als würden sich solche unterdrückten Gefühle noch weit unmittelbarer als zuvor in körperlichen Empfindungen und Symptomen ausdrücken. Prozeß und Gewichtsverlust haben » die Nerven bloßgelegt«.

Graziella machte mir auch unmißverständlich klar, daß ich bei meinem derzeitigen Lebensstil, ohne regelmäßiges Meditieren, mit häufiger Hetze, mit viel intellektueller Arbeit und emotionalen Auseinandersetzungen nicht ohne Nahrung leben kann. Am Dienstag nach dem Prozeß begann ich wieder zu essen. Der Übergang von der Nahrungslosigkeit zu normalem Essen gestaltete sich ebenso unproblematisch wie zu Anfang der Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit. Ich esse wieder regelmäßig, im Schnitt etwas weniger als früher, neige aber weiterhin dazu, in Situationen von großem Streß oder grosser Müdigkeit, mir den Magen unnötig zu füllen. Vor dem Prozeß hatte ich bei 180 cm Größe ein Gewicht von ca. 93 kg. Bei der Lektüre von Jasmuheen's Buch »Lichtnahrung« ist mir klargeworden, daß ich keine Waage mehr im Badezimmer haben will. Am Ende des Prozesses hatte ich vermutlich etwas unter 80 kg, jetzt, vier Monate danach, vermutlich um 85 kg. Zwar esse ich wieder regelmäßig, ich glaube aber, mich weiterhin in einem Prozeß zu befinden, in dem ich mich einer Verminderung der Nahrungsaufnahme oder einem Verzicht auf Nahrung in ganz winzigen Schrittchen wieder annähere.

Dies bedingt ein weiteres Klären negativer Emotionen, regelmäßigeres Entspannen, Meditieren oder Beten; eine intensive Auseinandersetzung mit meinem Ego und meiner geistigen Führung. Die Erfahrung der drei Wochen war einmalig; ein riesiges Geschenk. Am liebsten möchte ich den Prozeß wiederholen. Für meine Arbeit resultierte außerdem ein neues Verständnis für Menschen mit sogenannten Eß-Störungen, mit denen ich fast täglich zu tun habe.


Diesen Artikel teilen

Aktuelle Veranstaltungen zu diesen Themen

Kategorien

Heilung Psychologie

Direktlink