Trilogie des alten Wissens von Dr. Ruediger Dahlke

von Basler Psi Verein

22. Januar 2015

Als ich Ende der siebziger Jahre auf der Grundlage der Leidensgeschichten meiner Patienten und mit deren Hilfe anfing, Krankheitsbilder zu deuten, ahnte ich nicht, wo mich das in letzter Konsequenz hinführen würde.

     

Zuerst war da einfach die Erfahrung mit den Symptombildern meiner Patienten, deren Nähe zu Sprachbildern mir ins Auge sprang. Erst allmählich wurde mir mit Thorwald Dethefsens Hilfe klar, dass die Hermetische Philosophie zu dieser Art von Krankheitsdeutung eine ausgesprochen befriedigende Theorie liefert. Als wir zusätzlich bei Jean Gebser auf die Vier-Quadranten-Lehre stiessen, die auf den deutschen Philosophen Martin Heidegger zurück geht, öffnete sich für mich ein grosses weites Tor. Etwas später wurde mir klar, wie das der Krankheitsbilder- Deutung zugrunde liegende Denken jenen Faden wieder aufnahm, den Aristoteles ausgerollt hatte.

Aristoteles hatte das analoge Denken seines Lehrers Platon und damit auch das von dessen Lehrer Sokrates analysiert und war dabei auf vier Wirkursachen gestossen. Eine sogenannte Causa efficiens, die aus der Vergangenheit auf die Gegenwart wirkt und später von den Naturwissenschaften als einzig gültige Ursache angesehen wurde.



Nach dem Motto: Die vor drei Tagen, also in der Vergangenheit, aufgeschnappten Erreger, verursachen die aktuelle Entzündung.

Weiter kannte Aristoteles eine Causa finalis, die aus der Gegenwart auf die Zukunft zielt, und von den Geisteswissenschaften mit Beschlag belegt wurde. Motto: Der Maler malt dieses Bild (jetzt in der Gegenwart) um damit (in der Zukunft) eine Stimmung auszudrücken.
Drittens erkannte Aristoteles schon die Causa formalis, die Musterursache, die sich gerade erst wieder in der Arbeit von Rupert Sheldrake über die morphogenetischen Felder bemerkbar macht. Bezüglich der Materialursache, der Causa materialis, gab es nie Probleme, sie wurde von allen akzeptiert und besonders von den Naturwissenschaften beachtet und einbezogen.

Ein einfaches Beispiel mag klar machen, wie notwendig alle vier Ursachen sind und wie unsinnig ihre Aufspaltung ist. Wenn wir ein Sportereignis wie einen 100-Meter-Endlauf bei einer Olympiade wissenschaftlich analysieren wollen, erweisen sich schon diese knapp 10 Sekunden als viel zu lang. Deshalb nehmen wir nur den Start- Moment und stellen die Frage, «Warum rennen die plötzlich alle los?» Naturwissenschaftlich kommen nur aus der Vergangenheit auf die Gegenwart wirkende reproduzierbare, d.h. immer wieder genauso auffindbare und ablaufende Ursachen in Frage. Wir erkennen den Schuss der Startpistole als gültige Antwort und Ursache. Ein Geisteswissenschaftler und der finalen Ursache Verpflichteter würde allerdings ganz anders antworten und sagen, sie rennen alle los, um die Goldmedaille zu gewinnen. Da liegt das Ziel in der Zukunft. Auch wenn der Startschuss nicht unwichtig ist, wirkt diese Erklärung irgendwie für den Normalbürger überzeugender. Dass keiner der Läufer ein Moped benutzt und alle schön in ihren Bahnen bleiben, hat mit den Regeln zu tun, der Formursache oder Causa formalis. Die Materialursache, die in der Tartanbahn und den Muskeln der Athleten zum Ausdruck kommt, ist unbestritten.

Keine der vier Ursachen entwertet die drei anderen, jede ist auf ihre Art wichtig, wobei die finale Sinnursache am plausibelsten ist. Genauso ist es bei der Krankheitsbilder-Deutung. Diese stellt keinesfalls die schulmedizinische Causa efficiens in Abrede, aber sie ist als Sinnursache einfach plausibler, weshalb sich dieser Ansatz auch bei den Patienten durchgesetzt hat und erst viel später Eingang in Heilpraktiker- und noch viel später in Ärzte-Ausbildungen fand. Er bringt alle vier Ursachen wieder zusammen und will keine der anderen entwerten. So ist hier auch das Lebensmuster des Patienten wichtig und die betroffenen Lebens- oder Urprinzipien im Sinne der Causa formalis und selbstverständlich auch Anatomie und Physiologie als Causa materialis. Auf diese Weise erst entsteht ein umfassendes Verständnis der Krankheitssituation und wird ganzheitliche Medizin möglich.
Das andere Extrem der Schulmedizin, die sich auf die Ursache beschränkt und dann noch immer weiter spezialisiert, führt zu Ausdrücken wie «die Niere von Zimmer 14». Dahinter verbirgt sich eine den ganzen Menschen ignorierende und oft sogar verachtende Haltung.

Wahrscheinlich hatte Aristoteles gar nicht im Sinn das Denken so aufzuspalten, wie es später in modernen Zeiten geschah. In der erst deutlich später geborenen Idee der Uni-versi-tät blitzte auch noch das Verbindende und Gemeinsamkeiten Suchende auf. Hier sollten Forscher in der Vielfalt und Verschiedenheit ihrer Gebiete beziehungsweise Fakultäten («versi») nach Wissen suchen, das sie gleichsam in der Mitte zusammenbringen sollten, um das eine verbindende («uni») zu Weisheit Führende zu finden. Man kann sich das graphisch gut wie eine Torte vorstellen, deren Stücke alle die Mitte berühren, deren Basis aber draussen in der Peripherie liegt. Aber diese Idee ging rasch wieder verloren und heute gehen Studenten eher auf die «Versi» als auf die «Uni», auch wenn sie es noch richtig sagen.

Die Faszination der Aufspaltung in Einzelbereiche und der Spezialisierung in all diesen Bereichen die das Denken einschloss, war so gross, dass die Fakultäten immer mehr auseinander drifteten und selbst in den einzelnen Fachbereichen immer mehr Spezialisierung um sich griff. Dass der Hepatologe, der sich als Leberspezialist nicht mehr um die Gelenke und die Haut kümmert, mit dem Dermatologen, der sich wiederum nicht um Leber und Nieren kümmert, wenig Gemeinsamkeit hat, ist schon bedauerlich. Dass sich um die Niere bereits Nephrologen und Urologen streiten ist lächerlich. Dass sie sich aber alle um die Seele nicht mehr kümmern, ist in der heutigen Medizin selbstverständlich und doch tragisch. Aber dass jene Psychiater, die für die Heilung von Psychosen zuständig sind, mit jenen, die sich auf Schlafforschung spezialisiert haben, nicht einmal mehr kommunizieren, ist ein Skandal. Dieser ist dafür verantwortlich, dass bis heute Stillpsychosen als Krankheitsbilder mit schweren Psychopharmaka der Neuroleptika- Klasse behandelt werden, anstatt mit einer Schlafberatung der Mutter. Schlafentzug, und genau darunter leiden diese Mütter aufgrund der vielen Störungen durch die Neugeborenen, ist nämlich von den Schlaf erforschenden Psychiatern in Schlaflabors längst als Halluzinationen und damit Psychosen auslösend erkannt worden. Man müsste diese Tatsache nur den Kollegen von der anderen Psychiatrie- Fraktion kommunizieren, was entweder nicht geschieht oder von diesen ignoriert wird. Jedenfalls wird statt für die Möglichkeit des Durchschlafens bei der Betroffenen zu sorgen, immer noch mit Neuroleptika «therapiert» und so das Leben des Neugeborenen weitgehend ruiniert (nach Jean Lidloff) und das der Mutter schwer gestört, indem sie ohne Not(wendigkeit) psychiatrisiert wird.

Was sich so sehr in der Krankheitsbilder-Deutung bewährt hat und mit der Deutung von wenigen grossen Krankheitsbildern in Krankheit als Weg und Krankheit als Sprache der Seele begann, reicht heute bis zum umfassenden Nachschlagewerk Krankheit als Symbol mit Tausenden von Symptomen und Hunderten von Krankheitsbildern. Der Vorteil, alle vier Ursachen für Analyse und Deutung zu nutzen, beschränkt sich natürlich nicht darauf, sondern erweitert auch die therapeutischen Möglichkeiten enorm. Die Schicksalsgesetze, die die hermetische Philosophie umfassen, machen die Grundlagen klar. «Das Schattenprinzip» erklärt, wie wir reif für den Schatten und damit für Krankheit werden. Über das Resonanzgesetz wird deutlich, dass wir nur Symptome bekommen, zu denen wir auch Affinität haben. Die Lebens- oder Urprinzipien-Lehre ermöglicht wirkliche Heilung, indem sie das Fehlende (Prinzip) in erlöster Form ins Leben integriert. Sie verhilft auch dazu, Vorbeugung und Vorsätze zum Funktionieren zu bringen. Insofern lässt sich auf dem Boden der Buch-Trilogie: Die Schicksalsgesetze, Das Schattenprinzip und Die Lebensprinzipien eine wirklich ganzheitliche Therapie betreiben, die dem alten Ausdruck Medizin noch gerecht wird. Früher ging es der Medizin wie heute noch der Medi-tation darum, Menschen zurück in ihre Mitte zu bringen, weshalb das Heil-Mitte-l früher auch Re-medium hiess.

Aber diese Art ganzheitlicher Weltbetrachtung reicht weit über die Medizin hinaus, wie schon das Sport-Beispiel zeigte. Damit lassen sich Lebenskrisen genauso umfassend deuten wie auch alle anderen Krisen etwa der Ökologie oder Politik. Wir können mit diesem Denken, «die Psychologie des Geldes» verstehen, vor allem aber auch unsere eigene. Und daraus ergibt sich ein Entwicklungsweg, der über das Verständnis der Spielregeln des Lebens, den Schatten zur Aufgabe macht. Erst nach dessen Lösung wird das Leben zu einem wirklichen Erfolg und Genuss und dem gerecht, was wir Glück nennen.

Literatur von Ruediger Dahlke zum Thema:
Die Schicksalsgesetze – Spielregeln fürs Leben
Das Schattenprinzip Lebensprinzipien

(alle bei Goldmann-Arkana)
Info: www.dahlke.at und www.mymedworld.cc


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