Weib­lich­keit ist ei­ne Stär­ke

von Daniela Hutter

30. Oktober 2017

Die hei­len­den Kräf­ten des Le­bens er­fül­len erst ih­ren Sinn, wenn sie für das Gan­ze, zum Woh­le des Le­bens selbst, ge­nutzt wer­den.

Al­tes Wis­sen, Hei­lung, In­tui­ti­on, Pries­ter­schaft, Göt­tin­nen­be­wusst­sein – wie im­mer man es nen­nen will, wir Frau­en tra­gen ei­ne in­ne­re Ver­bin­dung in uns, die mehr ist als das, was man im All­tag se­hen, an­grei­fen, be­rech­nen und er­klä­ren kann. Wir ha­ben Zu­gang zu den Zwi­schen­wel­ten, wir ha­ben Zu­gang zum Nicht­sicht­ba­ren, Nicht­greif­ba­ren, Nich­ter­klär­ba­ren, weil wir das Mys­te­ri­um der Schöp­fung und des Wer­dens als Frau­en ver­kör­pern. Auf die­se Wei­se sind wir auch Hei­le­rin­nen, Wis­sen­de, Trä­ge­rin­nen des Mys­te­ri­ums des Weib­li­chen, und wir sind auf na­tür­li­che Wei­se eng ver­bun­den mit der schöp­fe­ri­schen Exis­tenz.

Vie­le Frau­en sind sich des­sen nicht be­wusst. Man­che tra­gen ei­ne Vor­s­tel­lung da­von in sich, doch oft­mals sind das eher ro­man­ti­sche Bil­der als die Es­senz des­sen, was es wirk­lich be­deu­tet und wie sehr es un­ser Le­ben ver­än­dern kann. Sich den weib­li­chen En­er­gi­en zu­zu­wen­den, be­deu­tet zu­n­ächst, die Wahr­heit in sein Le­ben ein­zu­la­den, sich der ei­ge­nen Tie­fe zu stel­len und sich tief­grei­fen­den Er­fah­run­gen zu öff­nen. Dies ist kei­nes­wegs ei­ne poe­ti­sche Aus­drucks­wei­se, die man den Tex­ten für weib­li­che The­men manch­mal fäl­sch­li­cher­wei­se zu­schreibt.

Aus mei­ner ei­ge­nen Er­fah­rung kann ich sa­gen, dass man „si­che­res Ter­rain“ ver­lässt. Man glaubt zu wis­sen, wor­auf man sich ein­lässt. Doch die Pra­xis zeigt: Es ist viel mehr, als man sich zu Be­ginn vor­s­tel­len kann. Wenn wir in un­se­rer Tie­fe wei­te­re Wer­te ent­de­cken, wenn wir mehr von uns selbst er­le­ben wol­len, be­deu­tet das im­mer Ver­än­de­rung. Manch­mal auch mit Fol­gen für Ar­beits­le­ben, Part­ner­schaf­ten, Le­bens­mo­del­le. Sich der ei­ge­nen Tie­fe zu­zu­wen­den, be­deu­tet auch, sich der ei­ge­nen Wahr­heit zu­zu­wen­den – und vor al­lem, die­se dann ins ei­ge­ne (Er-)Le­ben zu in­te­grie­ren (Yin). An­dern­falls wä­re das Wis­sen (Yang) leb­los. Die Frau kann Le­ben schen­ken – nicht nur als Mut­ter hin zu Kin­dern, auch hin zu sich selbst, zum Le­ben an sich. Sich der ei­ge­nen Es­senz zu­zu­wen­den be­deu­tet im­mer, dem Auf­trag zu fol­gen, „es“ auch ins Le­ben zu ho­len und „es“ zu le­ben. Mehr und mehr. Wahr­haf­tig. Und ge­ra­de weil wir dies als Frau­en ver­kör­pern, ge­schieht Hei­lung nur dann, wenn wir es auch le­ben, all­täg­lich. Nicht nur in Ri­tua­len oder Büchern in Se­mi­na­ren. Es ist das Le­ben, das „es“ uns zu­ruft. „Es“ ist all je­nes, was wir noch nicht in an­de­re Wor­te fas­sen kön­nen, das Mys­te­ri­um un­se­rer in­ners­ten Es­senz, der ei­ge­nen Wahr­heit. Die­se ist so in­di­vi­du­ell, wie wir Frau­en ver­schie­den sind, so in­di­vi­du­ell wie die Viel­zahl der Frau­en, die es gibt. „Es“ zu le­ben, be­deu­tet auch, die ei­ge­ne In­di­vi­dua­lität zu er­for­schen und sie mu­tig zu le­ben, frei von An­ge­passt­heit, frei von Dog­ma und Kon­di­tio­nie­rung. „Es“ zu le­ben, be­inhal­tet im­mer ein „Ja“ zur ei­ge­nen Ein­zig­ar­tig­keit.


Wenn uns da­bei et­was blo­ckiert, dann in ers­ter Li­nie die Angst. Sie ver­sperrt uns den Weg zum Wach­sen, sie ver­sperrt uns den Weg zu den tie­fe­ren Schich­ten un­se­res Be­wusst­seins. Angst ist die na­tür­li­che Re­ak­ti­on, wenn wir uns zur ei­ge­nen Wahr­heit be­we­gen. Angst zeigt uns auf, wor­in un­ser The­ma liegt. Die „Angst, ver­las­sen zu wer­den“ weist uns dar­auf hin, dass wir Angst da­vor ha­ben, al­lein zu sein. Auf die­ser Ebe­ne kön­nen wir uns die The­men be­trach­ten: Was macht das Al­lein­sein aus? Wie kön­nen wir uns das Al­lein­sein zum Freund ma­chen?

Ei­ne Ebe­ne tie­fer zeigt uns die­sel­be Angst auf, dass „ich mich selbst womög­lich schon ver­las­sen ha­be“. Auf bei­den Ebe­nen lädt uns die Angst ein, uns um uns selbst zu küm­mern. Dies ist der Hin­weis: „Geh ei­nen Schritt zu­rück vom Außen, hin zu dir, wen­de dich dir und da­mit auch dei­nem In­nen zu.“ Und es ist auch im­mer ei­ne Ein­la­dung zur ei­ge­nen Au­t­hen­ti­zität. Nicht vom Außen sol­len wir Ver­än­de­rung ver­lan­gen, son­dern bei uns selbst nach uns selbst for­schen. Wir sind auf­ge­ru­fen, bei uns selbst an­zu­do­cken und uns aus die­ser in­ne­ren Ver­bin­dung her­aus dem Außen zu zei­gen.

Wenn wir un­se­re Ängs­te nicht an­ge­hen, lau­fen wir Ge­fahr, ge­lebt zu wer­den. Dies ken­nen wir als ty­pisch weib­li­ches The­ma. Wenn wir der Kon­fron­ta­ti­on aus dem Weg ge­hen und so tun, als wä­re al­les in Ord­nung, hal­ten wir uns selbst nicht nur in ei­nem al­ten Mus­ter ge­fan­gen, wir hal­ten uns auch fern vom ei­ge­nen wahr­haf­ti­gen Frau­Sein. Auf der kör­per­li­chen Ebe­ne drückt sich Angst in ers­ter Li­nie als Mü­dig­keit und Er­schöp­fung aus, denn die Emo­ti­on der Angst ver­braucht viel En­er­gie.

Um­ge­kehrt aus­ge­drückt, wenn du dich oft mü­de und er­schöpft fühlst, dann nimm die Fähr­te zu dei­nen Ängs­ten auf, die du in dei­nem all­täg­li­chen Le­ben im­mer wie­der vor­fin­dest.

(Aus­zug aus dem Buch „Das Yin-Prin­zip. Ent­de­cke dei­ne weib­li­che Es­senz“ von Da­nie­la Hut­ter, Gold­mann Ver­lag)

Drei Fra­gen an Da­nie­la Hut­ter

Da­nie­la, du sagst, dass je­der von uns – un­ab­hän­gig vom Ge­schlecht – weib­li­che und männ­li­che An­tei­le in sich trägt. Wie un­ter­sch­ei­den sich die denn?

Al­les, was den Ver­stand an­spricht, das Tech­ni­sche, Lo­gi­sche, Ana­ly­ti­sche, ist das Männ­li­che. Aber auch die­ses „höher, wei­ter, schnel­ler“-Den­ken und al­les, was das Neue sucht, wen­det sich an die männ­li­che Struk­tur, das Yang. Das Fle­xi­b­le, Ver­trau­en­de, Mit­füh­len­de, sich öff­nen, emp­fan­gen, hin­ge­ben, auf sein Ge­fühl und sei­ne In­tui­ti­on hö­ren – all das sind die weib­li­chen An­tei­le, das Yin. Und in­dem wir die­se Din­ge in die Welt, in die Schaf­fens­pro­zes­se ein­brin­gen, ge­ben wir den Aus­gleich zum Yang.

Und wir brau­chen auch bei­de An­tei­le in uns, da­mit wir aus­ge­g­li­chen sind?

Ja, ge­nau. Das Bild von Yin und Yang of­fen­bart es sehr klar: Das ei­ne exis­tiert nicht oh­ne das an­de­re. So braucht es auch in un­se­rem In­nern das Männ­li­che und das Weib­li­che, die­se bei­den Po­le. Weil auch al­les auf die­ser Welt in Po­len er­schaf­fen ist. Doch weil in un­se­rer Ge­sell­schaft zum Bei­spiel ge­ra­de das „höher, schnel­ler, wei­ter“-Den­ken ge­för­dert und be­lohnt wird, wir uns sehr an un­se­rer Außen­welt ori­en­tie­ren, lie­gen bei vie­len von uns die weib­li­chen An­tei­le im Ver­bor­ge­nen, die männ­li­chen An­tei­le ha­ben Über­hand. Das da­durch ent­s­te­hen­de Un­gleich­ge­wicht in uns spü­ren vor al­lem wir Frau­en. Es ent­spricht ein­fach nicht un­se­rer wah­ren Na­tur, wenn wir un­se­re weib­li­chen An­tei­le zu­rück­hal­ten.

Du sagst, dass je­der et­was dafür tun kann, um mit dem Yin wie­der in Kon­takt zu kom­men und so das Weib­li­che zu för­dern. Kannst du un­se­ren Le­se­rin­nen ei­ne ers­te Übung ge­ben, die da­bei hilft?

Ger­ne. Ma­che dir zu­n­ächst be­wusst, dass das Yin sich an dein In­ne­res wen­det. Das Yin sucht wie ein fließen­des Was­ser die Tie­fe. Schließe nun dei­ne Au­gen und ver­bin­de dich über ei­ni­ge Atem­zü­ge mit dei­ner In­nen­welt. Ge­he da­zu mit dei­ner Auf­merk­sam­keit zu dei­nem So­lar­p­le­xus, et­was über dei­nem Bauch­na­bel. Viel­leicht magst du auch dei­ne lin­ke Hand dort hin­le­gen. Die rech­te Hand legst du auf dein Herz. Dann sprichst du die fol­gen­den Wor­te laut aus und fühlst je­dem ein­zel­nen Wort nach: Was­ser – fließend – Hin­ga­be – oh­ne Kon­trol­le – Kreis – Eins wer­den. Wenn du mit den As­pek­ten des Yin schwingst, dann spürst du, wie du auf die Qua­litä­ten des Yin re­a­gierst, in­dem dein Kör­per sich ent­spannt, dein Herz sich öff­net, ei­ne in­ne­re Wei­te ent­steht.


Dein RI­TU­AL: Das Wis­sen um dei­ne Be­dürf­nis­se Für die­se Ri­tu­al brauchst du ei­nen Spie­gel, den du mög­lichst hin­s­tel­len kannst, ei­ne Uhr, Stift und Pa­pier.
Schen­ke dir jetzt ganz be­wusst Zeit, es war­tet ei­ne wich­ti­ge Auf­ga­be auf dich, denn dei­ne Be­dürf­nis­se wol­len er­hört wer­den. Sor­ge dafür, dass du un­ge­s­tört bist und schaf­fe ei­ne ru­hi­ge At­mo­s­phä­re. Schließe nun dei­ne Au­gen, at­me An­span­nung aus, ent­span­ne dich mit je­dem Atem­zug mehr. Wenn du be­reit bist, den All­tag los­zu­las­sen und bei dir an­zu­kom­men, dann öff­ne die Au­gen, nimm den Spie­gel zur Hand und be­trach­te dich dar­in. Nimm Blick­kon­takt mit dir selbst auf, at­me be­wusst und las­se ei­ne Ver­bin­dung zu dei­nem Spie­gel­bild ent­s­te­hen. Fol­ge der Ein­la­dung dei­ner See­le, sie wird dir er­zäh­len, wel­che Be­dürf­nis­se dir wich­tig sind, wel­chen du zu we­nig Be­ach­tung schenkst und wel­che dir viel­leicht noch nicht ein­mal be­wusst sind. Schen­ke dir ei­ne Zeit des Lau­schens, du wirst se­hen: Es zeigt sich im­mer et­was.
Dann nimm dei­ne Schreib­u­ten­si­li­en und dei­ne Uhr und be­gin­ne zu schrei­ben – für 30 Mi­nu­ten. No­tie­re ein­fach was im­mer kommt, den­ke nicht dar­über nach. Sei ein Se­k­re­tär dei­ner selbst, schrei­be al­les auf und lass dich nicht ab­len­ken.
Die­ses Ri­tu­al bringt dich in Kon­takt mit dei­nem in­ne­ren Selbst. Es ist be­son­ders kraft­voll, wenn du es ein­mal wöchent­lich wie­der­holst und über min­des­tens sie­ben Wo­chen bei­behältst.


Über Daniela Hutter

Daniela Hutter, geboren 1966, ist dreifache Mutter, Ehefrau, Autorin, Coach, Seminarleiterin und Unternehmerin und führt mit ihrem Mann eine Druckerei in Tirol, betreut das Aufgabengebiet von Unternehmenskommunikation, Marketing, Personal und Controlling. Als Autorin schreibt sie Bücher, Artikel für Zeitschriften und Kolumnen für das Engelmagazin und Vita und bereichert die Online-Welt mit ihren Blogtexten. Daniela Hutter gilt als Expertin für Frauenthemen und ist Bewusstseinsforscherin und Bewusstseinstrainerin für energetische Frauenarbeit. Doch bietet sie ihre Arbeit auch gemischten Gruppen an, hier vorzugsweise zu den Themen Glück und mehr Lebensfreude.  

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