Die Traummeditation
von Tulku Lobsang
09. Dezember 2014
Was ist Meditation? Meditation ist die wiederholte Konzentration des Geistes auf ein Objekt, ein Konzept oder das unparteiische Beobachten von allem.
Auf diese Art und Weise übt man sich darin, den Fokus über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten. Seit anfangsloser Zeit waren wir unter der Kontrolle unserer Gedanken. Unsere Gedanken waren nicht unter unserer Kontrolle. Das Ziel der Meditation ist es, unseren eigenen Geist zu kontrollieren. Überlässt man den Geist sich selbst, so ist dieser die Ursache für alle unsere Fehler und Schwächen. Haben wir den Geist jedoch unter Kontrolle, so können wir ihn auf die Erzeugung guter Qualitäten, sowie auf den Fokus der Klarheit und des Mitgefühls ausrichten. Das Grobziel jeder Meditation ist es, den Geisteszustand der Meditation in das tägliche Leben zu integrieren. Jeder Augenblick kann Meditation sein und jede Handlung soll achtsam ausgeführt werden. Alle Dinge die geschehen, können als Teil der Meditationspraxis angesehen werden. Das Endziel der Meditation ist die eigene Motivation, basierend auf dem Mitgefühl, allen fühlenden Lebewesen zu helfen, sich vom Leid zu befreien, um Erleuchtung zu erlangen.
Die Praxis der Traummeditation
Die Praxis der Traummeditation wird auch als Traumyoga bezeichnet. Darunter verstehen wir die Praxis des luziden Träumens. Dies bedeutet, dass wir uns im Traum dessen bewusst sind, dass wir träumen. Durch die Praxis des Traumyogas ist es möglich, während des Traumes einen wachen Bewusstseinszustand aufrechtzuerhalten. Zudem wird die Fähigkeit erworben, die Geschehnisse im Traum gezielt zu steuern. Unser Leben kann man in drei Bereiche einteilen. Den Teil des Schlafes, den Teil des Todes und den Teil des Wachseins. Diese Bereiche werden im Buddhismus als die drei Buddhakörper bezeichnet. Sie sind eng miteinander verbunden. So wie wir sterben, so schlafen wir. Und so wie wir wach sind, so werden wir wieder geboren werden. Den Tod erfahren wir nur einmal in unserem Leben.
Daher ist es schwierig, den Tod richtig zu nutzen. Schlafen jedoch tun wir oft. Deshalb haben wir mehr Chancen, wenn wir den Schlaf zur Praxis nutzen, unseren Geist und unser Bewusstsein zu schulen. Während des Todes, während des Schlafes und während der Meditation haben wir die Möglichkeit, zur Erleuchtung zu gelangen. Wenn wir wach sind, benötigt es eine grosse Anstrengung, den Weg der Erleuchtung zu gehen, was bedeutet, dass man zur subtilen Geistesstufe vordringt. Während des Schlafes können wir die subtile Geistesstufe erreichen, ohne uns anzustrengen. Wir haben einen groben, einen subtilen und einen sehr subtilen Körper. Und auch auf geistiger Ebene haben wir ein grobes, ein subtiles und ein sehr subtiles Bewusstsein. Nach unserem Tod werden der grobe Körper und das grobe Bewusstsein nicht weiter existieren. Auch der subtile Körper und das subtile Bewusstsein werden nicht weiter existieren. Wegen diesem Zerbrechen der Kontinuität von Körper und Bewusstsein entsteht viel Leiden. Der sehr subtile Körper und das sehr subtile Bewusstsein existieren jedoch nach dem Tod weiter.
Denn nach dem Tod haben wir einen Windkörper. Dies ist ein Körper, welcher nicht aus Atomen zusammengesetzt ist. Er ist ein reiner Energiekörper. Dieser Körper ähnelt dem Körper während des Traumes. Zuerst müssen wir erkennen können, dass wir träumen, um anschliessend in einem zweiten Schritt den Traum kontrollieren zu können. Sind wir uns unserer Träume bewusst, so können wir während des Träumens praktizieren. Wir können im Traum unbegrenzt reisen, um den Geist zu trainieren. Wir können sogar fliegen. Und wir können uns während des Traumes transformieren. In diesem Geisteszustand können wir Situationen, die uns im Alltag Kopfzerbrechen bereiten, bewusst hervorrufen und in einer uns vorher nicht bekannten Leichtigkeit erleben. Träumen wir bewusst, können wir also im Traum Schwierigkeiten aus unserem Alltag hervorrufen und dabei lernen, mit diesen umzugehen. Diese Fähigkeit bringt unbegrenzte Möglichkeiten mit sich. Denn wir können unser Verhalten in schwierigen Situationen, die uns Angst bereiten, trainieren. Da wir uns des Traumes bewusst sind wissen wir, dass uns nichts passieren kann. Wir können beispielsweise durchs Feuer gehen oder wir können von Hochhäusern springen, ohne dass uns etwas passiert.
Die wichtigste Praxis die wir während des Traumes machen können, ist die Vorbereitung auf unseren Tod. Denn wir können während des Träumens den Sterbeprozess, den Tod und den Nachtodeszustand (Bardo) durchlaufen. Wenn wir dann tatsächlich sterben, wird es uns einfacher fallen, uns des Todes bewusst zu sein. So können wir uns an die Sterbephasen erinnern, da wir diese bereits kennen. Dadurch können wir während des Sterbeprozesses praktizieren und den Tod als einzigartige Möglichkeit zur spirituellen Entwicklung nutzen. Erkennen wir allfällig verwirrende, angsteinflössende Visionen im Sterben oder im Bardo als illusionär, so können wir die letztendliche Natur des Geistes erkennen und die Befreiung des Daseinskreislaufes erlangen.
«Das Ziel der Praxis ist es, die Leerheit des eigenen Selbst und aller Phänomene zu erkennen.»
In unserem normalen Leben, mit unserem normalen Bewusstsein, können wir die wirkliche Natur der Phänomene nicht erkennen. Dies basiert auf der Betrachtungsweise, dass die Phänomene aus sich selbst heraus existieren. Im Bewusstsein gehen wir davon aus, dass die Erscheinung aller Phänomene illusionär, also einem Traum ähnlich ist. Das Ziel der Praxis ist es, die Leerheit des eigenen Selbst und aller Phänomene zu erkennen. Die Erfahrungen während der Traumyoga Praxis beeinflussen die Wahrnehmung der Phänomene auch während wir wach sind. Daher sind die Techniken des Traumyogas eine Praxis auf dem Weg zur Erleuchtung. Die Luzidität im Traum kann genutzt werden, um Meditationspraktiken zu üben. Während des luziden Träumens fallen physische oder physikalische Grenzen weg. Ohne physikalische oder konzeptuelle Grenzen ist es einfacher, die reinste Form des Bewusstseins zu erkennen. Das Endziel ist die Erfahrung der wahren Natur des Geistes, die als Buddhanatur bezeichnet wird.
Über Tulku Lobsang
Tulku Lobsang ist der Gründer und Leiter von Nangten Menlang International. Sein Ziel ist es, die immanente Weisheit und Heilkraft in jedem Einzelnen von uns zu erwecken. 1976 in Amdo, Tibet, geboren, trat Tulku Lobsang im Alter von sechs Jahren in ein Bön-Kloster ein und begann seine religiösen Studien. Mit 13 wurde er als Tulku, als reinkarnierter Lama, der Gelugpa-Linie des tibetischen Buddhismus erkannt. Er erhielt eine intensive Ausbildung in den grösseren buddhistischen Philosophien. Aufgrund seiner Heilfähigkeiten konzentrierte er sich insbesondere auf Tibetische Medizin und Astrologie. Bis zum heutigen Tag hat Tulku Lobsang mehrere Tausend Patienten untersucht, mit Hilfe der Kunst der Pulsdiagnose ihre Unausgewogenheiten erfühlt, ihnen Ratschläge erteilt und zur Heilung verholfen.
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