LSD und die Erweiterung des Bewusstseins von Lucius Werthmüller

von Basler Psi Verein

21. Januar 2015

Die Drogen sind Schlüssel, sie werden freilich nicht mehr erschliessen, als unser Inneres verbirgt. Doch führen sie vielleicht in Tiefen, die sonst verriegelt sind. Ernst Jünger

Das ekstatische Abenteuer

Viele Naturvölker glauben, dass Gott seine Schöpfungskraft in den Pflanzen zurückgelassen hat und der Mensch die Möglichkeit habe, sie zu entdecken und zu benutzen. Deshalb verwundert es kaum, dass gewisse Volksstämme diese Pflanzen als heilige Wesen achten und verehren.

Während Jahrtausenden war der Gebrauch von halluzinogenen Pflanzen Teil des menschlichen Lebens. Die bekanntesten dieser Pflanzen sind die mexikanischen Zauberpilze der Gattung Psilocybe, der Peyotekaktus, Ayahuasca und der Hanf. Die ethnologische Forschung hat nachgewiesen, welch wichtige Funktionen der Gebrauch halluzinogener Pflanzen als Teil religiöser Systeme hatte. Die Anwendung dieser Pflanzen war fast überall in den Händen von Schamanen, Eingeweihten und Priestern.

Klassifizierung der verschiedenen Drogen

In der öffentlichen Diskussion herrscht immer noch eine grosse Verwirrung in Bezug auf die Unterschiede der verschiedenen Drogen. Unser Bild vom Rausch ist geprägt durch den Alkohol. Oft werden Substanzen wie LSD, Haschisch und Heroin immer noch in einem Atem genannt.

Die Zahl der psychoaktiven Stoffe ist sehr gross und ihre Klassifizierung nicht einfach. Am exaktesten wäre wohl eine Einteilung entsprechend ihrer chemischen Struktur. Chemisch verwandte Stoffe können aber ganz unterschiedliche Wirkungen haben, so dass diese Gliederung nicht allzu sinnvoll erscheint. So teilt man diese Stoffe heute eher nach ihrer psychischen Wirkung ein (siehe Einteilung am Ende des Artikels).

Die Gruppe der Halluzinogene (Halluzinationen erzeugend) oder Psychedelika (die Seele öffnend) unterscheidet sich von den anderen durch ein ganz charakteristisches Wirkungsbild. Während die Substanzen der ersten fünf Gruppen im wesentlichen die Stimmungslage beeinflussen, indem sie eine beruhigende, einschläfernde oder stimulierende Wirkung haben, geht der Effekt der Halluzinogene viel tiefer. Halluzinogene bewirken tiefgreifende seelische Veränderungen, die mit einem veränderten Erleben von Raum und Zeit verbunden sind. Auch das Erleben der eigenen Persönlichkeit und Körperlichkeit wird tiefgreifend verändert. Dabei bleibt das Bewusstsein klar erhalten, während die Wirkungen von anderen Stoffen wie Alkohol oder Morphin mit einer mehr oder weniger starken Bewusstseinstrübung einhergehen.

So bringen Psychedelika uns bei vollem Bewusstsein in andere Welten und Dimensionen, die ganz real erlebt werden. Im Normalfall werden sie als realer und intensiver als die gewöhnliche Alltagswelt erlebt. Dabei sind diese Substanzen nicht suchterzeugend. Die Unterscheidung zwischen sogenannten "weichen" und "harten" Drogen bezieht sich also nicht auf die Wirkungsintensität der Drogen, die bei den "weichen" Drogen viel höher ist, sondern auf ihre Giftigkeit und Suchtpotential.

Die Entdeckung des LSD

1938 synthetisierte der Basler Chemiker und Forscher Dr. Albert Hofmann die chemische Verbindung Lysergsäurediäthylamid (LSD) in der Absicht ein Kreislaufstimulans herzustellen. Erst 1943 entdeckte er durch "Zufall" die halluzinogene Wirkung von LSD, die von einer bisher unbekannten Wirkungsstärke war.

Interessanterweise fand er auch in der mexikanischen Zauberdroge Ololiuqui LSD-ähnliche Wirkstoffe. In den fünfziger Jahren gelang es Albert Hofmann die wirksamen Inhaltsstoffe der mexikanischen Zauberpilze zu isolieren.und die wirksamen Substanzen Psilocybin und Psilocin zu synthetisieren.

Zunächst glaubte man, LSD würde Geisteskrankheiten auslösen oder imitieren und nannte diese Art von Drogen deshalb Psychotomimetika (Psychosen nachahmend). Auf dem Originalbeipackzettel für Lysergol (reines LSD) der Firma Sandoz steht "...vermittelt dem Arzt im Selbstversuch einen Einblick in die Ideenwelt des Geisteskranken und ermöglicht durch kurzfristige Modellpsychosen bei normalen Versuchspersonen das Studium pathogenetischer Probleme."

Psychotische und mystische Bewusstseinszustände

In diesem Zusammenhang stossen wir auf die bekannte Schwierigkeit psychotische und mystische Zustände auseinanderzuhalten. Leider hat unsere traditionelle Psychologie keine Modelle für diese Bewusstseinszustände. Das hat dazu geführt, dass ekstatische Zustände und mystische Erfahrungen als pathologisch abgetan werden. Psychologie in der Nachfolge Freuds gibt sich nur damit ab, was bildlich gesprochen in unserem Keller und Erdgeschoss vor sich geht. Sie nimmt keine Kenntnis davon, dass wir Zugang zu unendlich viel mehr Ebenen in uns haben und dass diese Erfahrungen sehr real sind.. Es herrscht in weiten Teilen unserer Gesellschaft immer noch die Tendenz, mystische und psychotische Zustände einander gleichzusetzen.

Das wohl wichtigste Kriterium diese Zustände auseinanderzuhalten, besteht darin, wieweit die fremdartigen Erlebnisse in das Tagebewusstsein integriert werden können. Psychotische Zustände sind unintegrierte Formen eines andersartigen Erlebens der Wirklichkeit. Der fundamentale Unterschied zwischen diesen beiden, ist der Grad, wie weit solche Erfahrungen in die Persönlichkeitsstruktur integriert und in den Alltag mitgenommen werden können. Aldous Huxley hat dies so ausgedrückt: " Ich bin überzeugt, dass diese Erfahrungen uns wirklich etwas über das Wesen des Universums vermitteln, dass sie ihren Wert in sich haben, ihn aber vor allem dann erhalten, wenn wir sie in unser Weltbild einfügen und im täglichen Leben anwenden. Die Wirkung des mystischen Erlebnisses auf das alltägliche Leben ist überall als Probe auf seine Gültigkeit betrachtet worden."

Die Anwendung in der Therapie

LSD stiess bei den Psychiatern auf lebhaftes Interesse, da die von ihm erzeugten Visionen den Weg ins Unbewusste des Patienten zu öffnen vermögen. In den USA wurde LSD z.B. zur Behandlung von Alkoholismus eingesetzt. Alkoholiker, die unter LSD-Einfluss mystische Erfahrungen machten, wurden von ihrer Sucht kuriert. Auch die Arbeit mit Sterbenden und unheilbar Kranken zeigte, welches Heilungspotential in der LSD-Erfahrung liegt.

Der tschechische Psychiater Stanislav Grof bezeichnete LSD als das Mikroskop oder Teleskop der Psychiatrie, da es geistig-seelische Phänomene und Prozesse ans Licht bringt, die sonst kaum zugänglich wären.

Die Bedeutung des LSD in der modernen Kulturgeschichte

Auch auf Maler und Schriftsteller übten die unter Psychedelika erlebten Welten grossen Einfluss aus. Einen guten Überblick über diesen Einfluss gibt das Werk von Masters und Houston "Die psychedelische Kunst". Die grösste Publizität hatte wohl der Bericht von Aldous Huxley über einen Selbstversuch mit Meskalin, den er in seinem Buch "Pforten der Wahrnehmung" beschrieben hat.

In den sechziger Jahren wurde diese Droge von den Künstlern, den Hippies und anderen Subkulturen entdeckt und geriet dadurch in die Massenmedien. Dazu führten auch zahlreiche Berichte bekannter Persönlichkeiten wie derjenige des Schauspielers Cary Grant, der seine LSD Erfahrung als eines der wichtigsten Erlebnisse seines Lebens bezeichnete und allen Poiltikern die Einnahme von LSD empfahl. Diese LSD-Welle war in Kalifornien am stärksten und hat dort starken Einfluss auf die Entstehung der New Age Bewegung gehabt. So schildert Fritjof Capra in seinem Buch "Tao der Physik" eine psychedelische Erfahrung mit Hilfe von "Kraftpflanzen", die seine Weltsicht stark beeinflusst hat.

Der kürzlich verstorbene Timothy Leary, der damals Professor für Psychologie an der renommierten Harvard Universität Harvard war, propagierte LSD als ein Mittel zur Befreiung von einengenden Prägungen. Dies heizte die öffentliche Diskussion an. Darauf bemächtigten sich die Massenmedien des Themas und beuteten es in oft sensationeller Weise aus, was zu Kontroversen von grösster Heftigkeit führte. Diese Kontroversen führten zu einem absoluten, weltweiten Verbot von LSD, wodurch es auch der Forschung und der kontrollierten Anwendung entzogen wurde. In den letzten Jahren ist es ruhiger geworden um LSD und verwandte Substanzen und die Diskussion wird heute viel sachlicher geführt.

In der Schweiz erhielten fünf Psychiater eine Sondererlaubnis vom Bundesamt für Gesundheit zur therapeutischen Anwendung von LSD, Psilocybin und ähnlichen Stoffen.

Literaturauswahl

Rudolf Gelpke: Drogen und Seelenerweiterung

Stanislav Grof: LSD- Psychotherapie

Stanislav Grof: Topographie des Unbewussten Erfahrung

Albert Hofmann: LSD - Mein Sorgenkind

Albert Hofmann / Richard E.Schultes: Pflanzen der Götter

Aldous Huxley: Die Pforten der Wahrnehmung/ Himmel und Hölle, über einen Selbstbversuch mit Mescalin

Timothy Leary: Politik der Ekstase

Maria Sabina: Botin der heiligen Pilze

Einteilung der psychoaktiven Drogen

Analgetica, Euphorica : schmerzstillend, berauschend, Wohlbefinden steigernd
Opium (Morphium, Heroin, Kodein usw.), Methadon

Sedativa, Tranquilizer: beruhigend
Rauwolfia (Reserpin usw.) - Phenotiazine (Chlorpromazin usw.) - Tofranil usw.

Hypnotica: Schlafmittel
Barbiturate - Chloralhydrat

Inebriantia: Betäubungsmittel
Alkohol - Chloroform - Äther

Stimulantia: Excitantia: Erregungsmittel
Amphetamine - Coffein - Cocain

Halluzinogene / Psychedelika: Halluzinationen erzeugend, Auslösung von Räuschen bei vollem Bewusstsein
Peyote und San Pedro Kaktus (Meskalin) - Pilze der Gattung Psilocybe (Psilocybin, Psilocin) - LSD - Haschisch, Marihuana - Nachtschattendrogen (Bilsenkraut, Stechapfel, Tollkirsche) - Fliegenpilz

Empathogene:
MDMA (Ecstasy), MDA, MMDA und verwandte Stoffe

Diese Einteilung ist teilweise willkürlich, da es zwischen den Wirkungen der einzelnen Substanzen viele Überschneidungen und Querverbindungen gibt. 


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