Liebe braucht Mut

von Basler Psi Verein

26. Januar 2015

Das Hilfswerk Happy Children Text von Gabi Laszinger

Gabriella Laszinger wurde 1964 auf dem Balkan geboren und ist in Deutschland aufgewachsen. Während einer schwierigen Kind- heit tröstete sie sich mit der Geistigen Welt. In einer späteren Lebenskrise kam wieder Wegweisung aus der Geistigen Welt, die ihr die Gewissheit gab, nicht alleine zu sein. Als langjährige Schülerin von Gaye Muir lernte sie den Spiritualismus von der Pike auf. Sie leitete Ausbildungen beim SVNH, arbeitete im Arthur Findlay College und gab schon in frühen Jahren mehrere tausend Sitzungen. Am Medialitätskongress hat sie eindrücklich ihren Weg von der Medialität zur gelebten Spiritualität geschildert; dieser führte sie in den Himalaya, wo sie sich seit vielen Jahren mit aller Kraft um Strassenkinder kümmert. Informationen zu ihrem Hilfswerk finden Sie auf: www.happy-children.de. Am 5. Juni hält sie beim BPV einen Vortrag mit dem Titel «Von der Medialität zur gelebten Spiritualität – Angst oder Liebe?»


Gabi Laszinger und Andreas Sander haben Happy Children e.V. einst nach einem Erlebnis mit ärmsten Kindern der Strasse gegründet. Mehrere Jahre reisten sie für einige Monate nach Nepal. Die erste Reise sollte nur ein Abstecher aus Neugierde von Indien aus sein, doch seitdem haben sie ihr Herz an dieses Land verloren. Sie lieben es trotz Dreck, Armut und fremder Mentalität. Gabi erklärt: «Wie aus der folgenden Geschichte hervorgeht, hatten wir in keinster Weise geplant, uns mit diesem Thema zu beschäftigen. Wir pflegen zu sagen, dass wir zu diesem Projekt gekommen sind ‚wie die Jungfrau zum Kinde.' Wir beschäftigten uns in Nepal mit der Fotografie, mit Reiseberichten und persönlichen Erlebnissen auf der Suche nach der Spiritualität und Mystik des Landes, hatten aber sicher nicht vor, uns um Strassenkinder zu kümmern. Wir konnten nur einfach nicht mehr wegschauen und so sind wir seit Beginn dieses Projektes nicht nur wie ursprünglich geplant, Pateneltern von 4 Kindern, sondern haben zudem noch die Verantwortung für viele weitere Kinder übernommen. Fragen Sie sich an dieser Stelle nicht, ob es uns keine schlaflosen Nächte bereitet und wir manchmal keine Angst vor unserer eigenen Courage bekommen.

Die Frage stellen wir uns nämlich selbst auch nicht! Wir müssen es ganz einfach tun! So oft im Leben wünscht man sich Wegweiser, wünscht man sich seine Aufgabe und den Sinn des Lebens zu kennen. Wir haben das Gefühl, unsere Aufgabe bekommen zu haben – zumindest bis zu der Zeit, in der unsere Jüngsten, die jetzt noch den Kindergarten besuchen, ihre Berufsausbildung beendet haben. Der Verlauf dieser Geschichte zeigt uns, dass es richtig war und es sich lohnt – trotz aller Hindernisse, Hürden, Gefahren, Bedrohungen und Sorgen immer wieder Kraft zum Weitermachen aufzubringen. Nach nur einem Jahr, im Jahre 2000, nach dem Entschluss zu helfen und wirklich etwas zu tun, haben wir einen grossen Schritt gewagt. Aus der Verzweiflung heraus, keine gute Unterkunft, sauber, liebevoll, anständig und mit guter Behandlung für die Kinder, finden zu können, haben wir schliesslich unser eigenes Heim gegründet. Es ist eine rasante Entwicklung gewesen! Wir sind in der glücklichen Lage am anderen Ende der Welt geboren worden zu sein – materiell geben zu können, aber auch in der Lage, Zeit und Energie aufzubringen. Diesen Überfluss möchten wir mit diesen Kindern teilen. Es macht uns einfach glücklich, diese Kinder glücklich zu sehen. Nicht mehr und nicht weniger! Denken Sie nicht, wir seien Weltverbesserer oder Wohltäter. Nein, wir haben nichts dergleichen im Sinn – wir haben nun mal einfach A gesagt und sagen jetzt auch B.»



Aller Anfang ist schwer...
Wie schwer, das sollten wir in einem fernen Land, einem der ärmsten der Welt, weitab von allem, was wir bisher kannten, mit Haut und Haaren selbst durchleben. Hilfe ist etwas Selbstverständliches, so sollte es sein, das haben wir gelernt, das wissen wir. Ob und wie sich aus der Bereitschaft aber etwas ergibt, was helfen in aller Konsequenz bedeutet, ist eine andere Sache. Denn spontanes Mitgefühl ist einfach.

Alles andere nicht.

Und damit fing alles bei uns an eines schönen Tages im Mai 1999. Es war einmal ein fremdes Land, ein Königreich, fernab von unserer Kultur und unserem Denken, das sich Nepal nennt. In diesem Land gibt es viel zu bewundern und zu bestaunen, viele Eindrücke setzen sich täglich aufs Neue fest. Fremde Düfte, prächtige Farben und Gewänder, prachtvolle Berge und herrliche Landschaften. Doch leider gibt es auch das Elend und die grosse unübersehbare Not.

Irgendwann möchte man etwas dagegen unternehmen. Aber was bloss?

Und plötzlich, bei näherer Beschäftigung bekommt das Elend sogar Namen. In unserem Fall: Ashisk (7), Ashok (5), Abinash (1,5), drei kleine Jungen, die wir auf der meist besuchten Strasse Kathmandus fanden. Hunderte von Fahrzeugen, hunderte von Menschen kamen den ganzen Tag über an den Kindern vorbei. Von früh morgens bis spät abends lagen die drei auf dem Betonboden in der glühenden Hitze, die kleinen Köpfe mit offenen Geschwüren von Fliegen übersät. Grosse traurige Augen in erstarrten Gesichtern ohne jeden Glanz eines Lächelns flehten um Hilfe. Um einen Schluck Wasser, eine Handvoll Reis. Die Jungen fielen uns gleich auf, obwohl sie auf dieser Einkaufsmeile nicht die einzigen Strassenkinder waren. Auf Schritt und Tritt wurden wir von kleinen Kindern mit noch Kleineren auf dem Rücken angesprochen und um eine milde Gabe gebeten. Nur diese kleinen Jungen taten nichts dergleichen. Apathisch lagen sie fast nackt, nur mit einem kleinen Hemdchen bekleidet, einfach nur da

Völlig unterernährt, in ihrer Entwicklung zurückgeblieben, hätte man nie ihr richtiges Alter erahnen können. Zunächst beschränkte sich unsere Hilfe nur auf die notdürftigste Versorgung. Wir brachten ihnen Wasser und zu essen. Seitdem gingen sie uns nicht mehr aus dem Kopf. Täglich besuchten wir sie. Jeden Tag aufs Neue dieses Leiden und diese Angst in den kleinen Gesichtern. Unsere Herzen waren schwer.

Doch was konnten wir schon tun?

Wir litten zwar mit ihnen, sahen täglich in ihre traurigen Augen – holten den Kleinsten von der hektischen Strassenkreuzung, als er dort hin gekrochen war und inmitten zwischen vorbeifahrenden Autos, Motorrädern, Fahrrädern und heiligen Kühen sass.

Wir schauten immer nach ihnen, aber mehr?

Und dann, eines Tages, sahen wir den Kleinsten regungslos auf dem Boden liegen. Das Herz schlug uns bis zum Hals. War er gestorben? Und das nur, weil wir uns in all den Tagen damit abgefunden hatten, ihnen nur zu essen bringen zu können?

Nur, weil unser Mitgefühl nichts weiter als Mitleid war?

Diese Selbstvorwürfe brachten uns zu einem Schritt, der alles verändern sollte. Die Selbstvorwürfe waren es schliesslich, die uns handeln lassen mussten. Fest entschlossen, stürzten wir uns auf das nächste Telefon, um die erforderlichen Schritte einzuleiten. Dieser erste Versuch etwas gegen diese Hoffnungslosigkeit zu tun, scheiterte jedoch kläglich. Niemand wollte die Kinder. Dennoch steckten wir plötzlich ganz tief drin. Wir übernahmen Verantwortung. Wir wollten diesen Kindern eine Chance geben. Und wurden dafür reich beschenkt.

Das Schicksal war günstig. Es sollte so sein.

Wenn es einen Gott gibt, dann hat er jede erdenkliche Weiche gestellt, um diesen Kindern ein neues Leben zu ermöglichen. Zwei Tage vor unserer Heimreise trafen wir tatsächlich jemanden, der bereit war uns zu helfen. Als Einziger erklärte er sich nach langem bereit, die Kinder in seinem Heim aufzunehmen, nachdem uns wirklich alle Steine dieser Welt in den Weg gelegt worden waren.

Niemand wollte helfen, alle rieten ab, jeder wollte diese Kinder weiterhin dort sehen, wo sie bisher waren: auf der Strasse. Es sei 104 Liebe braucht Mut , von Gabi Laszinger Liebe braucht Mut , von Gabi Laszinger 105 ihr Karma, hiess es, warum sollte man ein greifen?
Wir konnten uns nicht mit der Erklärung, es muss so sein, denn es sei ihr Karma, abfinden. Dabei wäre es so einfach gewesen. Aber unsere Mühe und Hartnäckigkeit machte sich bezahlt. Etwas stand uns allerdings noch bevor: die grosse Hürde, die Mutter der Kinder davon zu überzeugen, die Kinder von der Strasse zu nehmen. Die Angst vor dem Ungewissen war gross – zu gross. Obwohl sie zu den Ärmsten der Armen gehörte, ohne Zukunft, ohne Perspektive, ohne ein Zuhause, herrschte der Gedanke vor, dass für sie alles nur noch schlimmer werden könnte. Zu sehr hatte sie schon ihr hartes Schicksal geprägt. Und das erbettelte Geld – ihre einzige Einkunftsquelle würde natürlich fehlen! Jede Minute bangten wir, dass alles umsonst gewesen sein könnte. Doch der alles entscheidende Tag kam! Die Kinder kamen tatsächlich samt Mutter und ihrer kleinen Schwester! Da stiegen sie vor unseren Augen aus der kleinen dreirädrigen Motorriksha aus – wie die Orgelpfeifen mit ihrem gesamten Hab und Gut, einer Decke und einer Schüssel zum Betteln. Es war ein unbeschreiblicher Augenblick! Wir sahen zu, wie sie gebadet wurden, neue Kleider bekamen, riesige Teller mit Reis assen und sich die ernsten Gesichter innerhalb von Stunden in wahre lachende Kindergesichter wandelten. Nun besuchen alle eine gute Schule, tragen Schuluniformen, lernen das ABC.

Ein Traum ist wahr geworden. Sie leben nicht mehr auf der Strasse. Sie können wieder lachen. Sie haben wieder eine Zukunft. Gott wollte es so.



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