Geheimes Wissen der Schamanen

von Basler Psi Verein

29. Januar 2015

Auf dem amerikanischen Kontinent praktizieren Schamanen energetische Medizin schon seit über 5000 Jahren. Einige Heiler sind davon überzeugt, dass ihre spirituelle Linie sogar noch weiter zurückreicht.

Sie erinnern sich an Geschichten, die von der Grossmutter an die Enkelin weitergegeben wurden und von einer Zeit erzählen, als die Erde noch jung war. Obwohl die Ureinwohner Amerikas über ein komplexes astronomisches Wissen, eine höhere Mathematik und eine ausgefeilte Architektur verfügten, hat sich auf dem gesamten amerikanischen Kontinent niemals eine Schrift entwickelt. Die Gelehrten übersahen die spirituellen Überlieferungen der amerikanischen Ureinwohner und studierten hauptsächlich das Judentum, das Christentum und den Buddhismus, weil diese Traditionen schriftliche Aufzeichnungen hinterliessen. Westliche Theologen befassen sich beispielsweise schon seit mehr als 200 Jahren mit dem Buddhismus, aber erst in den letzten 40 Jahren hat sich ein ernsthaftes Interesse entwickelt, auch die Spiritualität der amerikanischen Ureinwohner zu untersuchen. Das Studium des Schamanismus wurde den Anthropologen überlassen, die jedoch mit ehrenwerten Ausnahmen von Persönlichkeiten wie Margaret Mead nicht darin geschult waren, den spirituellen Bereich zu erforschen. Die Zerstörung der indianischen Kultur durch die europäischen Siedler trieb die überlebenden Ureinwohner in krankheitsverseuchte Reservate, wo die spirituellen Überlieferungen von den Stammesältesten sorgsam gehütet wurden. 

Es ist nicht schwer zu verstehen, dass die Ältesten grosse Widerstände hatten, ihr Erbe mit den weissen Herrschern zu teilen. Den Inka in Peru erging es nicht besser. Zwar kamen die spanischen Konquistadoren in ihr Land, um Gold zu suchen, und kümmerten sich nicht gross um die spirituellen Traditionen. Was die Konquistadoren jedoch ausser Acht liessen, versuchten die mit ihnen gekommenen Missionare zu zerstören. Der ungewaschene Haufen von Goldsuchern brachte bei seiner Ankunft auf dem amerikanischen Kontinent Vorstellungen mit, die den Indios völlig unverständlich waren. Die erste war, dass alle Nahrungsquellen der Welt durch göttliches Gesetz den Menschen – und speziell den Europäern – gehörten, die die Herrscher über Tiere und Pflanzen seien. Die zweite bestand darin, dass die Menschen nicht mit den Flüssen, den Tieren, den Bergen oder mit Gott sprechen konnten. Und die dritte Vorstellung war, dass die Menschheit bis ans Ende aller Zeiten warten musste, bevor sie in den Genuss der Unendlichkeit kam. Diese Vorstellungen waren für die amerikanischen Ureinwohner völlig absurd. Während die Europäer glaubten, aus dem mystischen Garten von Eden vertrieben worden zu sein, verstanden sich die Indios als dessen Verwalter und Diener. Sie sprachen mit donnernden Flüssen und flüsternden Bergen und hörten noch die Stimme Gottes im Wind. Die spanischen Chronisten in Peru berichten von der ersten Begegnung zwischen Pizarro und dem Inka-Herrscher Atahualpa. Pizarro überreichte Atahualpa eine Bibel und erklärte ihm, sie sei das Wort Gottes.

Der Inka hielt sich das dicke Buch ans Ohr und lauschte für ein paar Momente intensiv. Dann warf er das heilige Buch zu Boden und rief: «Was ist das für ein Gott, der nicht sprechen kann?» Die amerikanischen Ureinwohner waren jedoch nicht nur vom Schweigen des europäischen Gottes verwirrt, sie konnten auch mit seinem Geschlecht nichts anfangen. Die Konquistadoren brachten ihnen eine patriarchalische Mythologie, die die eigene matriarchale Tradition bedrohte. Vor der Ankunft der Spanier repräsentierten Mutter Erde und ihre weiblichen Formen – Höhlen, Lagunen und andere Öffnungen der Erde – das göttliche Prinzip. Die Europäer errichteten darüber das männliche göttliche Prinzip – den Phallus oder den Baum des Lebens. Kirchtürme begannen in den Himmel zu ragen und die weibliche Erde wurde nicht mehr verehrt oder respektiert. Bäume, Tiere und Wälder waren zur Ausplünderung freigegeben.



Auch heute noch hält uns dieses abgetrennte Weltbild gefangen. Wir halten alles, was nicht atmet, sich nicht bewegt oder nicht wächst, für leblos und betrachten Energie in Form von Holz, Öl oder Kohle als Brennstoff, den wir für unsere Zwecke einsetzen. Für die amerikanischen Ureinwohner ist Energie die manifestierte Schöpfung und gilt seit jeher als lebendiger Antrieb des Universums. Vielleicht wurde die wichtigste zeitgenössische Darstellung dieser Vorstellung durch Albert Einstein formuliert, als er die Beziehung zwischen Energie und Materie in seiner berühmten Gleichung E = mc2 darstellte. Im Westen identifizieren wir uns mit der von Natur aus begrenzten und endlichen Seite der Materie, während sich der Schamane mit der Seite der Energie identifiziert, die von Natur aus unbegrenzt und endlos ist. Es gibt einen weiteren fundamentalen Unterschied zwischen den überlieferten und den modernen Anschauungen. Wir sind es heute gewohnt, uns an bestimmte Regeln zu halten.

Unsere Gesellschaft ist durch Vorschriften geprägt, die auf niedergeschriebenen Dokumenten beruhen, wie der Verfassung, den zehn Geboten oder all den Gesetzen, die von gewählten Regierungsvertretern erlassen werden, um Ordnung in unser Leben zu bringen. ‚Wenn wir die Welt verändern wollen, verändern wir die Regeln (Vorschriften oder Gesetze)'. Im Gegensatz dazu orientierten sich zum Beispiel die alten Griechen an logischen Allgemeinbegriffen, denn sie waren mehr an Ideen als an Vorschriften interessiert. Sie glaubten, dass eine einzige Idee die Welt verändern könne und dass es nichts Kraftvolleres gäbe als eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Wenn die Schamanen etwas verändern wollen, ändern sie ihre Sichtweise und bringen sich so in eine neue Beziehung zum Leben.

Sie stellen sich das Mögliche vor, das sich dann in der äusseren Welt manifestiert. Aus diesem Grund sitzen die Stammesältesten der Inka in Meditation, um sich die Welt vorzustellen, die sie ihren Enkeln hinterlassen wollen. Die Praktiken der Energieheilung wurden deshalb so sehr behütet, weil sie fälschlicherweise oft für eine Ansammlung von Techniken gehalten wurden, genauso wie die westliche Medizin manchmal als ein System bestimmter Verfahren betrachtet wird. Wir machen den Fehler zu glauben, dass wir die Energieheilung beherrschen könnten, wenn wir die Regeln auswendig lernen. Für den Schamanen geht es jedoch nicht um Regeln oder Ideen. Das Entscheidende sind für ihn die Vision und der Spirit. Während sich die Heilmethoden oft von Dorf zu Dorf unterscheiden, bleibt der Spirit immer das, was er ist. Wahre Heilung ist ein Erwachen zu der Vision von unserem gesunden Zustand und die Erfahrung der Unendlichkeit.



Die Energiemedizin der Inka Ich bin 25 Jahre bei den besten Heilern und Heilerinnen der Inka in die Lehre gegangen. Die Rituale, denen ich mich in den Anden oder im Amazonasgebiet unterzog, erforderten manchmal monatelange Vorbereitung. Sie befreien den Anfänger von einem Leben in Angst, Gier, Gewalt und fehlgeleiteter Sexualität. Meine Ausbildung wurde von einem alten Inka namens Antonio Morales geleitet. Die Abenteuer, die ich mit Don Antonio im Amazonasgebiet und in den Anden erlebt habe, sind in meinen Büchern Die Macht der vier Winde und Island of the Sun dokumentiert. 


Die Heilmethoden durch Spirit und Licht sind meine zeitgenössische Interpretation uralter Heilungspraktiken. Versionen der schamanistischen Art des Sehens, die ich die Zweite Wahrnehmung und den Extraktionsprozess nenne, sind in Nord- und Südamerika immer noch in Gebrauch. Die Sterberituale stammen aus dem Amazonasgebiet und sind Teil eines Wissens, das Männer und Frauen entdeckt haben, die über unsere normale Wahrnehmung von Raum und Zeit hinausgegangen sind. Den Illuminationsprozess habe ich zusammen mit meinem Mentor Don Antonio aus Bruchstücken einer fast vergessenen Heilmethode der Inka entwickelt, die auf dem Leuchtenden Energiefeld beruht. Diese Methoden sind ausserordentlich kraftvoll und effektiv. Man sollte sie nur benutzen, wenn man bereit ist, sich strengsten ethischen Massstäben zu unterwerfen.



Die energetische Medizin birgt jedoch auch Gefahren in sich, und zwar sowohl für den Klienten als 96 Geheimes Wissen der Schamanen, von Alber to Vi l loldo auch für den Heiler selbst. Zu viele schlecht ausgebildete Praktizierende führen die Energieheilung aus, ohne die Funktionsweise des menschlichen Energiefelds zu verstehen. Ich hatte mit Menschen zu tun, die Krebs hatten und deren Tumor mit Energieheilung behandelt wurde, mit dem Ergebnis, dass sich der Krebs auf den ganzen Körper ausbreitete. Sie konnten es nicht glauben, dass das Krebswachstum offensichtlich durch bestimmte Energieformen begünstigt wird. Ich kannte auch Menschen, die unter ernsthaften psychischen Problemen litten und von unqualifizierten Heilern behandelt wurden. Ihre neurotischen Symptome oder dysfunktionalen Wahrnehmungsweisen wurden dadurch nur verstärkt. In einem Fall suchte mich eine Frau auf, die ihr Kind bei einem Autounfall verloren hatte. Sie war bei einer Hellseherin gewesen, die zu ihr meinte, dass ihre kleine Tochter immer noch an ihrer Seite sei. Alles, was sie tun könne, sei, «offen» zu sein, um die Gegenwart ihrer Tochter zu fühlen. Die Frau verspürte eine sofortige Erleichterung. Ein paar Tage später konnte sie jedoch nicht mehr einschlafen. Nach einer Woche ohne Schlaf kam sie zu mir. Als erstes meinte sie, dass sie sterben wolle und bereit sei, sich das Leben zu nehmen. Der Test auf die Anwesenheit eines eingedrungenen Wesens war positiv. 

Der verwirrte Spirit des Mädchens hatte sich an das Leuchtende Energiefeld der Mutter gehängt, in der Hoffnung auf Zuflucht nach einem traumatischen Tod. Der Rat der Hellseherin, «offen» zu sein – obzungen beschäftigten wir uns mit ihrer Trauer. Ich ermutigte sie, eine Psychotherapeutin aufzusuchen, die darauf spezialisiert war, Menschen zu behandeln, die einen grossen emotionalen Verlust erlitten haben. Ich bin überzeugt, dass sie Selbstmord verübt hätte, wäre sie der Anweisung der Hellseherin weiterhin gefolgt. Stattdessen ging sie konsequent den Weg der eigenen Heilung. Heute ist sie eine talentierte und mitfühlende Heilerin, die anderen hilft, mit schmerzlichen Verlusten im Leben fertig zu werden. Geheimes Wissen der Schamanen, von Alberto Villoldo 97 gleich sicherlich gut gemeint –, hielt Mutter und Tochter in emotionalem Aufruhr und psychischem Schmerz. In unserer ersten Sitzung übergab die Mutter ihre Tochter an leuchtende Heiler, die sie ins Licht der Spirit-Welt begleiteten. Es war nicht leicht für sie, ihre Tochter loszulassen. Während des Illuminations-Prozesses sah sie den Tod als Tor zur Unendlichkeit. Sie konnte fühlen, dass ihre Tochter von ihr nur durch einen dünnen Schleier getrennt war.

Kurz darauf konnte sie wieder ruhig schlafen. wir versiegelten die Öffnung in ihrem Leuchtenden Energiefeld, durch die der Spirit des Mädchens hereingekommen war. Wie eine offene Wunde war der Riss in ihrem Energiefeld eine Einladung an alle umherirrenden Geistwesen und gestörten Energien. In den nächsten Sitzungen beschäftigten wir uns mit ihrer Trauer. Ich ermutigte sie, eine Psychotherapeutin aufzusuchen, die darauf spezialisiert war, Menschen zu behandeln, die einen grossen emotionalen Verlust erlitten haben. Ich bin überzeugt, dass sie Selbstmord verübt hätte, wäre sie der Anweisung der Hellseherin weiterhin gefolgt. Stattdessen ging sie konsequent den Weg der eigenen Heilung. Heute ist sie eine talentierte und mitfühlende Heilerin, die anderen hilft, mit schmerzlichen Verlusten im Leben fertig zu werden.



Alberto Villoldo
ist medizinischer Anthropologe und Psychologe. Mit 25 Jahren war er der jüngste medizinische Professor an der Universität von San Francisco. Er hat die umfassenden und tiefgreifenden indigenen Weisheitslehren und Heiltechniken der Schamanen des Amazonas und der Anden Perus in mehr als 30 jähriger Forschungsarbeit zusammengetragen. In Zusammenarbeit mit Linda Fitch, Spezialistin für Trainerausbildung, wurde ein weltweit wohl einzigartiges Ausbildungskonzept geschaffen, das moderne Wissenschaften mit alten Weisheiten vereint.


Diesen Artikel teilen

Kategorien

Schamanismus

Direktlink