In der Zwischenzeit bin ich Mensch

von Basler Psi Verein

03. September 2018

Der Verlust eines geliebten Menschen öffnet den Boden unter den Füßen. Eine Suche nach heilenden Erkenntnissen.

Was glaubst du Mama woher ich gekommen bin, als ich zu eurem Kind wurde?“ Diese Frage hat mich sehr gefesselt. Dadurch bin ich in eine Auseinandersetzung mit dem Thema Leben und Sterben gekommen. Unsere Tochter Tamina ist mit ihren jungen, herrlichen 18 Jahren durch einen Reitunfall gestorben. Die Gespräche, die ich seitdem mit ihr habe, sind für mich ein unsagbarer Reichtum geworden.

Verhält es sich etwa so, dass der Mensch für eine gewisse Zeitdauer in sichtbarer Form auf der Erde ist, um danach weiter zu leben in seiner unsichtbaren Existenz? Befindet sich das wahre und größere Sein des Menschen in der absoluten Wirklichkeit? Besteht die Möglichkeit, dass der Mensch bereits während seines Erdenaufenthaltes in Verbindung mit seinem höheren Selbst steht?

Das kann ich heute mit einem klaren „Ja“ beantworten. Allerdings bedeutete dies einen monatelangen Prozess für mich, mit einer Achterbahnfahrt der Emotionen. Ich hinterfragte alles was ich hörte, sogar dass ich all das hören konnte, hinterfragte ich. Der Glaubensweg auf dem ich Heute bin, prüft mich täglich aufs Neue. Zweifel frei zu sein, fordert mich immer wieder heraus.

Tamina sagt mir viele Botschaften, die für mich selten unverständlich sind. Die meisten ergeben einen vollständigen Sinn. Sie sagt z.B.: „Beide Seiten sind schön, das Kommen und Gehen. Der Anfang von hier ist das verlassen von Dort. Das Verlassen von diesem Ort ist das beginnen von Drüben“. Die Tiefe dieser Aussage hat mich mein Leid heilen lassen. Das Ende und der Anfang gehören zusammen und sind letztendlich immer Eins.

Ich habe nur meine menschliche Form verlassen – ICH BIN!“ war für mich ihr härtester Satz. Wo war sie denn nur? Alles in mir schrie nach ihr und ich wollte sie sehen und berühren können. „Sage nicht ich bin tot, ich bin nur gestorben“. Zu Beginn habe ich überhaupt nicht die Bedeutung all dessen begreifen können. Meine Entwicklung brachte mich jedoch immer mehr zur Erkenntnis dass das höhere Selbst des Menschen das Meer ist und der Mensch selbst die Welle.

Die Welle braucht das Meer, jedoch das Meer nicht die Welle.

Seitdem wir in dieser Verbindung miteinander kommunizieren ist es für mich zur unerschütterlichen Wahrheit geworden dass der Mensch ein weitaus größeres Potential in sich trägt als er auch nur vermuten kann. „Mama begrenze dich nicht mit den Gedanken und fliege gemeinsam mit mir über den Tellerrand“. Ich habe für mich herausgefunden, dass die Wunder entstehen wenn ich mit ihr fliege.

Wenn wir das sterben in unseren Lebenskreislauf mit einer Natürlichkeit einbinden würden, so müssten wir nicht unsere Hinterbliebenen mit so einer großen Belastung und Schmerz zurück lassen. Wenn wir in der Zwischenzeit vom wahrhaftigen Leben hier sind um eine Aufgabe zu erfüllen würden wir vielleicht dem Wesentlichen mehr Aufmerksamkeit schenken. Die außergewöhnliche Kraft und die wahrhaftige Liebe sind ständig in uns. Wir suchen sie zu sehr im Außen und begeben uns somit in Trennung und verlieren Uns dabei.

Die Stimme, die ich höre entspringt aus meinem und ihrem wahren Ursprung. Es steht für mich außer Frage: Es ist für mich das höhere Selbst. Tamina sagt, dass jeder Mensch nur einen Flügelschlag lang hier ist. Der ihrige hatte in diesem Leben nun mal genauso lang sein sollen. Sie lebte hier mit einer solch herrlichen Lebensfreude und einem großen Herzen, hat uns gelehrt jeden Menschen so sein zu lassen wie er nun einmal ist und hat sich dabei selber nicht so wichtig genommen. Obwohl sie so jung war (oder vielleicht gerade deshalb) verblüffte sie uns immer wieder, wenn sie uns in Situationen aufforderte das Leben gelassener zu begegnen.

Die Erinnerungen bleiben lebendig, denn sie ist und war meine Lehrmeisterin. Sie zu hören nehme ich in Demut, Dankbarkeit und Stolz an. Unsere Verbindung ist unsterblich. Es ist selten wie es scheint“, erzählt sie mir und daslässt mich ahnen, dass der Mensch sich seine Realität erschafft.

Meine kommende Zwischenzeit ist bereits für mich in Liebe und Schutz geschrieben“, diese Ansage von ihr vertieft meinen Glauben. Auch wenn mir immer wieder die Tränen laufen, schenkt sie mir Hoffnung und lässt mich letztendlich .

© Silvia Fink-Eisinger


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