Ablauf eines Feuerlaufs - von Otto Gerber

von Basler Psi Verein

23. Januar 2015

Otto Gerber und Gérard Moccetti bieten seit 1986 gemeinsam Feuerläufe an und gehören damit zu den erfahrensten Feuerlaufleitern Europas.

Im Folgenden finden Sie eine Schilderung des von ihnen gewählten und über viele Jahre
bewährten Ablaufs dieser transformierenden Erfahrung.



Die Vorbereitungen zum Feuerlauf sind je nach Kultur verschieden. Selbst bei uns im Westen gibt es nicht die eine Art, sich auf den Gang über die Glut vorzubereiten. Die nachstehende Schilderung ist also lediglich eine Möglichkeit. Vor Nachahmungen nur gestützt auf eine theoretische Schilderung warne ich aber eindringlich. Nach dem Mittag treffen die ersten Teilnehmer im Gruppenraum ein. Die Zurückhaltung ist offenkundig. Wenige kennen sich und einige sitzen verlassen und noch etwas gehemmt in einer Ecke. Man knüpft zaghaft die ersten Kontakte. Um ein Uhr scheint die Gruppe komplett zu sein. Jeder wird an einen Tisch gebeten, wo er ein Namenstäfelchen mit seinem Vornamen erhält.

Mein Kollege und MitLeiter fordert alle auf, sich in einem grossen Kreis auf den Boden zu setzen. Dann begrüsst er die mutige Schar und dankt allen fürs Kommen. Damit das Eis gebrochen wird, beginnen wir mit einem Namenspiel. Ungeachtet der erhaltenen Namenstäfelchen weiss nach dieser ungefähr 20minütigen Gruppenübung jeder sämtliche Namen der Anwesenden auswendig. Alsdann werden verschiedene Vereinbarungen getroffen. So soll jeweils immer nur einer sprechen. Kurze Pausen sind angesagt. Das Rauchen und WC-Besuche sind ausserhalb der Pausen zu unterlassen. Dieser Punkt ist insofern wichtig, als der Harndrang besonders in unangenehmen Situationen sich verstärkt meldet und somit eine natürliche Fluchtmöglichkeit schafft. Wer nicht bereit ist, sich an die Vereinbarungen zu halten, hat jetzt noch die Möglichkeit, gegen Rückerstattung des Anmeldebetrages den Raum zu verlassen. Nachdem diese Punkte geklärt sind, erzähle ich den Teilnehmern etwas über die Geschichte des Feuerlaufens. Für den grösseren Teil ist diese Information neu. Erfahrungsgemäss sind an jedem Feuerlauf knapp zwei Drittel der Teilnehmer zum ersten Mal dabei. Die Teilnehmer werden immer wieder aufgefordert, sich mitzuteilen.

Nun folgt bereits der erste Feuerlauf in Form einer Gruppenübung. Sämtliche Teilnehmer werden aufgefordert aufzustehen, sich im Raume zu verteilen, und die Augen zu schliessen. Zu gedämpfter Meditationsmusik bewegen sich nun alle langsam und mit geschlossenen Augen durch den Raum. Es kommt zu Konfrontationen mit anderen Teilnehmern. Man weicht aus, sucht seinen Weg. Die Übung ist nur sinnvoll, wenn jeder ehrlich ist und die Augen nicht öffnet. Die Sensibilität wird verfeinert. Nach einigen Minuten des Wandelns werden die Teilnehmer aufgefordert, sich – immer noch mit geschlossenen Augen – einen Partner zu suchen. Paarweise hält man sich gegenseitig die beiden Hände. Die Leiter sorgen dafür, dass jeder einen Partner findet. In dieser Position hält man einige Minuten inne. Die Leiter führen mit gezielten Bemerkungen duch diese Phase. Wichtig ist, dass jeder spürt, was nun vor sich geht.

Nach weiteren Übungen und kurzen Pausen folgt am frühen Abend das Nachtessen. Zu diesem Zwecke sitzen sämtliche Teilnehmer wieder im Kreise. Die mitgebrachte kleine Mahlzeit (ohne Fleisch) wird vor sich ausgelegt. Die Leiter erklären, dass diese Mahlzeit meditativ eingenommen wird. Es stehen etwa dreissig Minuten zur Verfügung. Gesprochen wird nicht und das Essen soll bewusst eingenommen werden. Dabei ist es wichtig, dass jeder Bissen mindestens zwanzig Mal gekaut wird. Wer mit seiner Mahlzeit zu Ende ist, bleibt sitzen und schliesst die Augen. Es ist erstaunlich, mit welcher geringen Menge an Nahrung der Mensch auskommen kann, wenn er diese bewusst zu sich nimmt. Auch ist interessant zu hören, wie beispielsweise ein Apfel wieder plötzlich einen unwahrscheinlichen Geschmack erhält. Ganz anders ist es, wenn die Mahlzeiten, wie oft im täglichen Leben, verschlungen werden.

Nach dem Essen teilen sich die Teilnehmer über das Erlebte mit. Alsdann verlässt die Gruppe wieder wortlos den Gruppenraum. Die Stiefel werden angezogen und man besammelt sich vor dem Haus. Einige Fackeln werden angezündet. Mit der bereitgestellten Wanne mit kaltem Wasser begibt sich die Gruppe nun zur Feuerstelle. Dort überreicht ein Leiter jedem Teilnehmer die meterlangen Holzstücke. Das Holz wird zum eigentlichen Feuerplatz getragen, wo der andere Leiter zwei mannshohe Holztürme (in Dreiecksform) errichtet. Am Schluss stopft man noch einige Zeitungen zwischen das Holz und giesst einige Liter Brennstoff über die Holzhaufen. Mit Fackeln wird nun der Holzstoss entzündet und innert Sekunden schlagen die Flammen meterhoch in die Nacht.



Schweigend bewundern alle das nächtliche Schauspiel. Jeder Teilnehmer erlebt diese Minuten in verschiedener Weise wobei jeder sich der beeindruckenden Kraft des Feuers gewahr ist. Für einige Minuten wird ein Mantra angestimmt, welches das Erreichen eines erweiterten Bewusstseinszustand erleichtert. Dann kehrt die Gruppe zusammen mit einem der Leiter zurück in den Gruppenraum, wo weitere Vorbereitungsübungen durchgeführt werden. Der andere Leiter übernimmt zusammen mit einem Teilnehmer die Feuerwache. Nach etwa einer Stunde geht der Teilnehmer der Feuerwache zurück in den Gruppenraum und wird durch einen anderen Teilnehmer aus der Gruppe abgelöst. Auch die Leiter wechseln ihren Posten. Das Feuer bleibt nie unbewacht, und die Gruppe ist durchgehend betreut.

Wesentlich während dieser Zeit ist die Bekennungsübung. Jeder Teilnehmer bekennt nun vor allen übrigen Anwesenden, wofür er in dieser Nacht durchs Feuer gehen wird. Diese Bekennungsübung hat in mir einen grossen Eindruck hinterlassen. Ich bin für eine Idee durchs Feuer gegangen, und somit ist der Feuerlauf nicht ein Inselerlebnis geblieben, sondern hat in der nachfolgenden Zeit intensiv weitergewirkt. Auf jeden Fall kriegt das Feuerlaufen unter diesem Aspekt eine zusätzliche Kraft. Da man beim Feuerlaufen nicht lügen kann – man läuft oder eben nicht–, nimmt man vielleicht die Wahrheit, für die man später lebt, über die Glut. Dies hat sicherlich eine verstärkte Wirkung zur Bekennungsübung. Die ausgesprochene Form vor allen Teilnehmern und die zeitliche Befristung ist dabei wesentlich.

Beispiel: «Ich werde (nicht möchte) bis Ende November des nächsten Jahres meine berufliche Situation in Ordnung bringen.» Da jeder Teilnehmer schon bei der Anmeldung auf diesen Punkt aufmerksam gemacht wurde, ist bezüglich dieser Übung auch jeder entsprechend vorbereitet. Die Auswertung der Fragebogen zeigt, dass die Bekennung vor der Gruppe sehr kraftvoll ist. Selbst für unmöglich gehaltene Vorhaben finden in der Folge oft ihre Erfüllung.

Es dauert etwa drei Stunden, bis sich aus den mannshohen Holztürmen ein Gluthaufen gebildet hat. Etwa eine Viertel Stunde vor dem gänzlichen Niederbrennen meldet sich der Leiter von der Feuerwache bei seinem Partner im Gruppenraum. Dieser hat nun noch genügend Zeit, eine laufende Gruppen-übung ohne Zeitdruck zu Ende zu führen. Alsdann besammelt sich die Gruppe wieder vor dem Haus und begibt sich wortlos zum Gluthaufen. Es wird nun ein Kreis um diesen gebildet. Die Leiter beginnen, aus dem Gluthaufen einen Glutteppich auszubreiten. Es ist eine äusserst strenge Angelegenheit; die Leiter müssen sich, angesichts der gewaltigen Hitze, bei dieser Arbeit stets abwechseln. Ist der Glutteppich etwa drei bis vier Meter lang, eben und vorbereitet, stimmen die Leiter folgenden Gesang an:

Release your mind
see what you find,
ring it on home to your people.

Zu Deutsch bedeutet dieser Traditionsgesang: Lass Deine Gedanken los, schau, was Du erlebst, und erzähle es zu Hause Deinen Leuten. Die Teilnehmer werden nun in Globo gefragt, wer zuerst laufen möchte.

Meldet sich niemand, so wird einer der Leiter die Glut als erster durchschreiten. Diesem ersten Lauf folgen in der Regel noch weitere eines Leiters, bis dass der Bann gebrochen ist. Zögernd lösen sich einzelne Teilnehmer aus dem Kreise, ziehen die Schuhe aus und überqueren die Glut. Darauf kann es vorkommen, dass eine wahre Laufeuphorie ausbricht, wobei einzelne Teilnehmer mehrere Male die Glut unbeschadet überqueren.



Dieser Punkt erinnert mich immer wieder an einen Bericht, der besagt: «Eine Woche waren wir zusammen und bereiteten uns auf den grossen Tag des Feuerlaufens vor. Als schliesslich der Moment gekommen schien, Iief keiner über die Glut. Diese brannte nieder und nach etwa einer Stunde kehrten wir alle unverrichteter Dinge in den Gruppenraum zurück.» Solche Situationen scheinen eher die Ausnahme zu sein. Erlebt habe ich dies selbst noch nie. Es gilt aber immerhin zu bedenken, dass das eigentliche Feuerlaufen nie eine Selbstverständlichkeit sein kann, selbst nicht für «routinierte» Feuerläufer. Ich erinnere mich noch gut an meinen siebten Feuerlauf bei dem ich die Glut nicht überquert habe. Dies heisst allerdings nicht, dass der Workshop vergebens war.

Nach höchstens einer Stunde wird das Feld geräumt (und aufgeräumt), und die Gruppe begibt sich zurück in den Kreis im Gruppenraum. Jeder darf sich nun mitteilen. Die Atmosphäre ist nun völlig gelöst. Die ersten statistischen Zahlen werden erfasst. Jeder kriegt nun noch ein kleines Kärtchen, worauf diejenigen, die über die Glut gelaufen sind, schreiben: «Ich laufe durch Feuer, also kann ich alles in Übereinstimmung mit den universellen Gesetzen erreichen, was ich will.» Diejenigen die nicht gelaufen sind schreiben: «Ich kann mich jederzeit auf meine innere Stimme verlassen.» Dieses Kärtchen soll nun jeder Teilnehmer zuhause an einem gut sichtbaren Ort aufstellen. Es wird ihn über lange Zeit an das eindrückliche Erlebnis erinnern. Abschliessend erfolgt eine Dankesmeditation, ehe man den Abend bei einem kleinen Imbiss ausklingen lässt.

Otto Gerber, geboren 1948, lebte nach einer Ausbildung zum Notar mehrere Jahre im Ausland, ehe er Kreditchef einer Grossbank wurde. Seit 1987 führt er ein eigenes Treuhandbüro. Bei einem Feuerlauf lernte er seinen heutigen Workshop- Partner Gérard Moccetti kennen, mit dem er seit 1986 die Feuerlauf-Seminare leitet. Seit einigen Jahren bieten sie diese effizienten Erfahrungs-Seminare zielgerichtet für Unternehmen an. www.feuerlaufen.ch

Gérard Moccetti, geb. 1959, wuchs in Zürich auf. Während seiner langjährigen Tätigkeit als Kadermann einer Grossbank fand er zum Ausgleich das sensitive Arbeiten. Seine breiten geschäftlichen Kontakte ermöglichten es ihm, das Feuerlaufen vermehrt in die Geschäftswelt einfliessen zu lassen.


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