​Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse von PD Dr. Jakob Bösch

von Basler Psi Verein

26. Januar 2015

​Komplementäre Heilmethoden haben auch in der Schweiz einen immer grösseren Stellenwert. Vor allem in der somatischen Medizin ist diese Tendenz deutlich (Bürgi et al.1996).


Die Gründe liegen vor allem in der Skepsis der PatientInnen gegenüber chemischen Medikamenten und ihrer Nebenwirkungen und in weltanschaulichen Gründen, indem sie es vorziehen, als "ganze Menschen", nicht nur als krankes Organ, behandelt zu werden (Messerli-Rohrbach 1999). Um diesen Ansprüchen Rechnung zu tragen, hat das Bundesamt für Sozialversicherung beschlossen, fünf komplementäre Heilmethoden, die z.T. auch auf der Annahme von Energieflüssen im menschlichen Körper beruhen, ab 1.7.1999 als durch die Krankenkassen zu bezahlende medizinische Grundleistung probeweise für fünf Jahre zuzulassen.

In der Psychiatrie und Psychotherapie, die ja das Leiden der PatientInnen nicht ausschliesslich auf körperliche Dysfunktionen zurückführen kann, fassen interessanterweise die Ideen komplementärer Behandlungsmethoden, abgesehen von den Erkenntnissen weniger PionierInnen (Berner-Hürbin 1997), erst langsam Fuss. Die Pro Mente Sana hat an ihrem Kongress im November 1998 gefordert, dass der Grundsatz der Therapie-Wahlfreiheit für komplementäre Methoden nicht nur im ambulanten Bereich, sondern auch in der stationären Psychiatrie gelten soll. Dabei soll der Sicherung der Qualität Beachtung geschenkt werden und die Finanzierung soll sozial gesichert sein, um eine Zweiklassen-Medizin zu verhindern (Gassmann 1999:309).

Die Externen Psychiatrischen Dienste Baselland (EPD) befassen sich seit einigen Jahren mit komplementären Heilmethoden. An unserem Dienst werden u.a. anthroposophische, psychotherapeutisch- und körperorientierte, phytotherapeutische und homöopathische Behandlungen angeboten und seit 1996 finden auch Versuche mit geistig-energetischer Behandlung statt. Diese Heilmethode geht, ähnlich wie z.B. die Traditionelle Chinesische Medizin, davon aus, dass die Menschen komplexe Systeme von Energien und Schwingungen darstellen und dass ein gestörter oder unausgeglichener Energiehaushalt Ursache von Krankheiten sein kann. Die geistig-energetische Heilmethode zielt darauf ab, diese Energien auszugleichen und so den Weg frei zu machen für eine Verbesserung des gesundheitlichen Wohlbefindens. Die Heilmethode wird angewendet von Personen, die in der Lage sind, die Energieflüsse bei anderen Menschen wahrzunehmen und sie mittels bestimmten Techniken auszugleichen.

Diese ersten Versuche an den EPD deuteten darauf hin, dass die Heilmethode auch im psychiatrischen Bereich Erfolge zeitigen kann. Allerdings stellten wir auch fest, dass nicht alle HeilerInnen für eine langfristige Zusammenarbeit mit einer Institution geeignet sind. 1997 kamen die EPD in Kontakt mit einer Heilerin, die zum einen bereits vielversprechende Heilerfolge bei diversen Leiden aufweisen konnte und zum andern bereit war, im Rahmen unserer Institution in Zusammenarbeit mit der Schulmedizin ihre Heilmethode evaluieren zu lassen. Seit Januar 1998 wurden die PatientInnen, die die Behandlung der Heilerin in Anspruch nahmen, mittels einer qualitativen Erhebung wissenschaftlich begleitet. Der vorliegende Bericht umfasst die Auswertung der Daten der ersten 20 PatientInnen, die den ganzen Evaluationsprozess durchlaufen haben. Die Auswertung von weiteren rund 40 PatientInnen wird folgen.



Forschungsstand zum Thema Geistiges Heilen
Zum Thema geistiges Heilen hat Benor (1992) zahlreiche wissenschaftliche Studien, die sich mit dem Phänomen des Einwirkens bestimmter Personen auf Enzyme, Einzeller, Pflanzen, Tiere und Menschen befassen, einer Meta-Analyse bezüglich Resultaten und wissenschaftlicher Methodik unterzogen. Er findet es bedauerlich, dass darunter zahlreiche wissenschaftlich anspruchsvolle Arbeiten sind, die in medizinischen Fachzeitschriften keine Chance hatten, aufgenommen zu werden und daher in, ebenfalls teilweise peer-reviewten, parapsycholgischen Zeitschriften publiziert worden sind (Benor 1992:17). Nach Prüfung von unzähligen kontrollierten und unkontrollierten Studien kommt er zum Schluss: "I submit that it is adequately demonstrated that healing is an effective treatment modality. Healing offers a potent complement to conventional therapies. We must get on with making healing available to those in need" (Benor 1992:301). Allerdings scheint dem Aspekt des geistigen oder spirituellen Heilens in der Medizin schon bisher eine gewisse Bedeutung zugekommen zu sein, fanden doch Lukoff et al. in ihrer systematischen Analyse von Fallbeispielen in der medizinischen Fachbibliothek Medline von 1980-1996 346 Abstracts, die Fallbeispiele mit religiösen oder spirituellen Themen beinhalteten.

Neuere Arbeiten haben offenbar grössere Chancen, in die medizinischen Fachzeitschriften aufgenommen zu werden. Eine neuere Studie zeigt die Wirkung von Fernheilung auf Aids-Patienten (Sicher et al. 1998). Ein Artikel im Journal of the American Medical Association beschäftigt sich mit der Behandlung von Leukämie mittels eines Amulettes (Rosner 1999) und in einer anderen medizinischen Zeitschrift (Acad Med) findet sich auch ein Aufruf an die Ärzte, ihren eigenen spirituellen Überzeugungen nachzugehen und sie mit anderen auszutauschen, um den spirituellen Bedürfnissen der PatientInnen genügen zu können (Sulmasy 1999).

Die Methode des geistigen oder spirituellen Heilens wird auch unter dem Begriff des Therapeutic Touch (Krieger 1979) angewendet. Da sich der Ansatz der EPD stark an dieser Methode orientiert, seien in der Folge einige entsprechende Forschungsarbeiten aufgeführt. Zahlreiche Studien mit umschriebenen Krankheitsbildern wurden nach dem klassisch-schulmedizinischen Forschungsansatz mit Kontrollgruppen durchgeführt. Je nach Perspektive der Experten gehen die Meinungen sehr auseinander über die nachgewiesene Effizienz dieser Studien, die sich unter anderem auch mit psychiatrischen Störungen wie Angst-Zuständen befassten (Clark & Clark 1984 und Achterberg 1998). Spence & Olson (1997) haben zahlreiche quantitative Studien zum Therapeutic Touch (TT), die zwischen 1985 und 1995 erarbeitet worden sind, einer Meta-Analyse unterzogen. Obwohl sie die Studien bezüglich Methodologie z.T. kritisch hinterfragen, kommen sie zum Schluss, dass die Reduktion von Schmerz und Angst durch TT belegt sei. Neuere Studien belegen die Wirkung von TT am Beispiel der Wundheilung (Wirth 1990) oder zeigen, dass im Falle von PatientInnen mit Osteoarthritis am Knie TT nicht nur zur Schmerzreduktion, sondern auch zur Verbesserung der Gelenkfunktion wirksam ist (Gordon et al. 1998).

Bezüglich geistigem Heilen und Psychiatrie gibt es noch sehr wenige Studien. Campion und Bhurgra (1997) berichten von der Behandlung durch religiöse Heiler (Hindu, Muslime und Christen) in Südindien. Auch TT wurde zur Behandlung von stationären adoleszenten Psychiatrie-PatientInnen eingesetzt, offenbar mit guten Resultaten (Hughes et al. 1996).



Theoretischer Hintergrund des geistig-energetischen Heilens
Als psychiatrischer Dienst sind wir primär daran interessiert, unseren PatientInnen komplementäre Behandlungsmethoden unter kontrollierten Bedingungen anbieten zu können, Behandlungsmethoden, die sie sowieso in Anspruch nehmen. Es liegt uns als PraktikerInnen fern, uns in die Diskussionen der theoretischen Physik einmischen zu wollen, trotzdem denken wir, dass es sinnvoll sein kann, mögliche theoretische Zusammenhänge der modernen Physik mit dem geistig-energetischen Heilen aufzuzeigen.

Die heutige klassische Medizin und insbesondere die Medizin-Technik arbeiten zum grössten Teil mit den Annahmen der Newtonschen Physik. Nach dem bekannten Quantenphysiker David Bohm (1991) scheint unter Physikern weitgehend Einigkeit zu bestehen, dass die Newtonsche Physik zwar nur ein Spezialfall der allgemein gültigen Quantenphysik darstellt, dass sich aber im Alltag und in der Anwendung der Technik meist ohne grössere Fehler damit arbeiten lässt. Viele Vertreter der klassischen Medizin halten jedoch die Theorien der Newtonschen Physik für die Wirklichkeit schlechthin. Auf der anderen Seite wird von Vertretern der Komplementär-Medizin behauptet, der Mensch lasse sich nur adäquat verstehen und behandeln mit einem Denksystem, das sich an die Quantentheorie anlehne.

Nach David Bohm ermöglicht die Anwendung der kausalen Interpretation der Quantenmechanik eine neue Sichtweise auf die Beziehung zwischen Geist und Materie. Dadurch könne sich eine neue Denkstruktur entwickeln, die Geist und Materie nicht gegeneinander abgrenze. Sie ermögliche eine zusammenhängende Theorie zum Verständnis der Erscheinungsformen geistiger wie materieller Art, indem sich keine Abgrenzung von Geist und Materie, Beobachter und Beobachteten, Subjekt und Objekt mehr vollzieht (Bohm 1991:41ff.). Nach Bohm ergeben sich durch die moderne Quantentheorie für die physikalischen Teilchen gewisse Geist ähnliche Eigenschaften, die durch die Newtonschen Konzepte nicht mehr erfasst werden. Dies beinhaltet, dass sich selbst unbeseelte Materie nicht vollständig mit der Bemerkung Descartes fassen lässt, es handle sich dabei um nichts weiter als um eine Substanz, die Raum ausfülle und aus räumlich voneinander getrennten Objekten bestehe.

Die Quantentheorie geht nach Bohm erstens von der bekannten Welle-Teilchen-Dualität als Eigenschaft jeden materiellen Systems aus. Diese duale oder zweifache Natur von materiellen Systemen steht völlig im Widerspruch zur Newtonschen Physik, in der jedes System seine eigene Natur besitzt, die nicht von seinem Kontext abhängt. Zweitens geschieht alles in Form definierter, messbarer Energien, den Quanten, die sich nicht weiter teilen lassen. Wenn eine Wechselwirkung zwischen Teilchen auftritt, scheint es, als wären sie alle durch untrennbare Verbindungen miteinander zu einem einzigen Ganzen verknüpft. Drittens haben diese Welle-Teilchen die fremdartige Eigenschaft der sogenannten Nicht-Lokalität.

Das heisst, unter bestimmten Bedingungen scheinen Teilchen, die einen makroskopischen Abstand voneinander haben, sich gegenseitig in gewisser Weise beeinflussen zu können, obgleich es keine bekannte Verbindung zwischen ihnen gibt. Solche Wechselwirkung ohne direkten räumlichen Kontakt oder durch lokale Felder sind der Newtonschen Mechanik völlig fremd. Sie lassen sich durch den Begriff des Quaten-Kontinuums umschreiben, der verdeutlicht, dass sich die Welt in Form voneinander unabhängiger und raum-zeitlich getrennter Teile nicht oder nur ungenau analysieren lässt. Im einzelnen bedeutet dieses Kontinuum, dass für eine Beobachtung mit quantentheoretischer Genauigkeit keine Trennung zwischen beobachtendem Apparat und beobachtetem System mehr vorgenommen werden kann. Der in der Quantenphysik ebenfalls gängige Begriff des Quantenfeldes beinhaltet die ähnliche Aussage, dass eine weit entfernte Wirkungsquelle einen starken Einfluss auf "Materie"-Teilchen haben kann.

Immer mehr Autoren aus der Medizin oder aus Gebieten, die der Medizin nahestehen, entwerfen auf dem Denksystem der Quantentheorie aufbauend eine neue Weltanschauung, die den Menschen und die Natur insgesamt einbezieht und die eine neue, in sich kohärente Theorie von Gesundheit und Krankheit ermöglichen soll. Diesen Denkansätzen ist gemeinsam, dass sie den menschlichen Organismus weniger vom Materie-Aspekt, sondern eben gemäss Quantentheorie vom Wellen- und Feld-Aspekt her betrachten. Friedrich Cramer, Molekularbiologe und ehemaliger Direktor des Göttinger Max-Planck-Instituts für experimentelle Medizin, hat darüber ein Essai vorgelegt, in welchem er schreibt: "Im Grunde nehme ich damit nur den für die Quantenmechanik schon seit 70 Jahren selbstverständlich gewordenen Korpuskel-Welle-Dualismus ernst, dass nämlich ein Ding gleichzeitig Welle und Teilchen sein kann. Das gilt eben nicht nur für Atome und Elektronen, sondern auch für die makroskopische Welt, für die Kreisläufe des Lebens, für Ökosysteme, für unsere Wechselwirkungen mit der materiellen, geistigen und emotionalen Welt, und je nachdem, wie wir diesem Ding begegnen, stossen wir uns daran oder schwingen mit ihm, begegnen ihm als Körper oder als Welle" (Cramer 1998:9).

Der amerikanische Arzt R. Gerber (1996) und auch die Zürcher Psychologin und Psychotherapeutin A. Berner-Hürbin (1997) beschreiben, neben zahlreichen anderen Autoren, den Menschen als System von Schwingungen und Energien, wie dies überdies bereits die alten Chinesen, Inder und auch Griechen wahrgenommen haben. Der Mensch wird als ein komplexes Feld stehender Wellen verschiedenster Frequenzen, Intensitäten und Qualitäten gesehen, die miteinander in Resonanz stehen und damit ein sogenanntes Interferenzbild ergeben. Immer wieder wird für den Menschen das Hologramm als Verstehensmodell herangezogen, d.h. als Organismus, der auch im dem Sinne eine Ganzheit bildet, dass in jedem seiner Teile, ähnlich wie in einem holographischen Bild, alle Informationen des Ganzen gespeichert sind.

Von experimenteller Seite erhält diese Theorie Unterstützung durch die Ergebnisse der Biophotonen-Forschung, wie sie vor mehr als 20 Jahren vom Quanten-Physiker F.A. Popp entwickelt wurde und inzwischen weltweit betrieben wird (Popp 1984, Bischof 1995, Cohen 1997). Popp wies nach, dass die menschlichen Zellen bzw. Zellkerne ein ultraschwaches, aber kohärentes, d.h. lasergleiches Licht abgeben und mit diesem Licht untereinander kommunizieren. Interessant ist, dass Popp offenbar das Vorhandensein dieses Bio-Lichtes theoretisch vor dessen experimentellen Nachweis postuliert hatte, weil er zum Schluss kam, dass die chemischen Reaktionen nie schnell genug wären, um die kaum überschaubaren Auf- und Abbau-Prozesse im Organismus zu steuern, so dass ohne ein viel schnelleres Informationssystem längst chaotische Verhältnisse im Körper überhand nehmen müssten.

Die quantentheoretische und holographische Theorie vom Menschen zeigt Erklärungsmöglichkeiten für viele sogenannte komplementärmedizinische Verfahren wie Akupunktur, Homöopathie, Bachblüten-Therapie, Bioresonanz- oder Biophysikalische Informationstherapie, Fussreflexzonen-Massage, Reiki, geistiges Heilen u.v.m. Eine neue Studie zeigt denn auch die Übereinstimmung von messbarer, physikalischer elektrischer Energie, gemessen an Akupunktur-Punkten am menschlichen Körper, mit dem traditionellen östlichen Konzept der Lebensenergie, des Qi (Syldona & Rein, 1999).


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